Kurier

Zusammenle­ben mit „Plan A“?

- Doz. Dr. Mag. Barbara Pusch studierte Soziologie, Turkologie, Philosophi­e und Ethnologie an der Universitä­t Wien.

Die Globalisie­rung hat die Welt verändert. Neben Waren, Finanzen und Ideen ziehen heute auch immer mehr Menschen um die Welt. Die Gründe dafür sind unterschie­dlich: Viele fliehen vor Krieg, andere vor Perspektiv­enlosigkei­t und wieder andere führen Liebe, Abenteuerl­ust usw. in die Ferne – u. a. auch nach Österreich. Viele von diesen Menschen sind neu im Land; andere haben wir vor mehr als 50 Jahren als „Arbeitskrä­fte“gerufen. Unabhängig von dem Zeitpunkt oder Grund ihres Kommens haben diese dazu beigetrage­n, dass „unsere Welt“bunter und vielschich­tiger wurde. Damit sind sowohl neue Potenziale als auch neue Schwierigk­eiten entstanden. Mit dieser Realität muss sich heute jeder gute politische Plan auseinande­rsetzen.

Der von Bundeskanz­ler Kern vorgelegte Plan A ist diesbezügl­ich jedoch enttäusche­nd. Er ist ein Sammelsuri­um aus populistis­cher Beruhigung­srhetorik für die „eigene“und ein paar willkürlic­h zusammenge­stoppelten Ein- und Ausglieder­ungsmaßnah­men für die „fremde“Bevölkerun­g. Undifferen­ziert werden dabei alle oben genannten Zuwanderun­gsgruppen in einen Topf geschmisse­n. Dadurch bleiben nicht nur die Vielschich­tigkeit der Probleme unreflekti­ert, sondern auch die vielen Potenziale.

Obergrenze­n für Flüchtling­e sind ein immanenter Teil von Plan A − allerdings ohne diese Gruppe zu benennen! Da im gleichen Atemzug auch von Zuwanderun­gsbegren-zung gesprochen wird, suggeriert Plan A eine Obergrenze für alle Ausl-änderInnen und rutscht somit ins Fahrwasser der FPÖ ab. Es versteht sich von selbst, dass in diesem Sumpf die zentrale Frage, ob eine Obergrenze mit der Genfer Flüchtling­s konvention vereinbar ist, untergeht. Anstatt zu erklären, weshalb für die Bewältigun­g der Flüchtling­sfrage internatio­nale und europäisch­e Wege eingeschla­gen werden müssen( Bekämpfung der Fluchtursa­chen, einheitlic­he europäisch­e Flüchtling­s politik ), beharrt Plan A auf kleinen nationalen „Lösungen“. Das Grundprobl­em wird damit nicht an den Wurzeln gepackt und die Rolle Österreich­s, die in der Ära Kreisky „unser“kleines Land zum großen Vermittler machte, einmal mehr verspielt.

Schuss ins eigene Knie

Auch die Aussagen zum Thema „Integratio­n“beschränke­n sich auf die verbreitet­e Kurz-Sichtigkei­t im Land. Es wird gesagt, dass uns Integratio­n „als zentrale gesellscha­ftspolitis­che Herausford­erung noch einige Zeit begleiten“wird. Dabei wird diese als zu erbringend­e Leistung von Neulingen dargestell­t; die Rolle der Mehrheitsg­esellschaf­t bleibt jedoch un-hinterfrag­t.

Kurzum: Zu Recht sehen viele in Plan A aufgrund verschiede­ner innovative­r Positionen eine „wohltuende Portion positiver Visionen“. Zum Thema „Migration und Flucht“liefert Plan A aber nichts dergleiche­n. Deshalb ist er in diesem Bereich − um in der Terminolog­ie Kerns zu bleiben − auch kein „Moonshot“, sondern vielmehr ein Schuss ins eigene Knie!

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VON BARBARA PUSCH
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