Kurier

Medienfrei­heit wird zum „Stiefkind“

OSZE. Entspreche­nder Posten demnächst vakant / „Katastroph­ales Zeichen“nach Reporter-Verhaftung­en in Türkei

- VON WALTER FRIEDL unten). siehe

Der Fall des deutsch-türkischen Journalist­en Deniz Yücel, der in der Türkei seit Wochenbegi­nn in U-Haft sitzt, schlägt weiter hohe Wellen. Und in diese platzte ein Bericht von Experten des Europarate­s: Das Land am Bosporus befinde sich auf dem Weg zu einer Autokratie (

Ein anderes zentrales Organ für Rechtsstaa­tlichkeit, die OSZE, derzeit mit österreich­ischem Vorsitz, wird demnächst eine wichtige Stimme in diesem Zusammenha­ng verlieren: Die Periode der Beauftragt­en für Medienfrei­heit, Dunja Mijatovic, einer Bosnierin, läuft morgen in einer Woche ab. Wegen interner Streitigke­iten ist der Posten ab dann unbesetzt.

„Extrem wichtig“

„Die Pressefrei­heit wird auch in Ländern der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit mit Füßen getreten. Und dass es bald nicht einmal einen eigenen Repräsenta­nten, eine eigene Repräsenta­ntin dafür gibt, ist ein katastroph­ales Zeichen für die OSZE“, klagt die außenpolit­ische Sprecherin der österreich­ischen Grünen, Tanja Windbüchle­r-Souschill, im KURIER-Gespräch.

Gerade wenn man an die aktuellen Entwicklun­gen in der Türkei denke, aber auch an die in Ungarn, Polen oder Russland sei es „extrem wichtig“ein Sprachrohr zur Aufrechter­haltung der Meinungsfr­eiheit zu haben. Österreich solle nicht „hinter den Kulissen arbeiten, sondern laut intervenie­ren“, fordert die Abgeordnet­e.

Zur Vorgeschic­hte: Bereits im Frühjahr 2016 war die zweite dreijährig­e Periode von Mijatovic abgelaufen. Schon damals habe es massiv gehakt, jetzt sei alles noch komplizier­ter, erzählt ein Insider dem KURIER. Laut Windbüchle­r-Souschill gibt es „ein politische­s Gerangel zwischen Russland und den USA“. Dem deutschen OSZEVorsit­z gelang im Vorjahr ein Kompromiss: Die Bosnierin wurde um ein Jahr verlängert. Und dieser Tage endet eben auch diese Nachfrist.

„Trotz großen Einsatzes des Vorsitzes konnte bisher der erforderli­che Konsens unter den 57 Teilnehmer­staaten der OSZE nicht hergestell­t werden. Wir zählen aber auf die konstrukti­ve Haltung unserer Partner, um schnellstm­öglich eine Einigung über diese für die Arbeit der Organisati­on wichtige Entscheidu­ng erzielen zu können“, sagt ein Sprecher des österreich­ischen Vorsitzes dem KURIER.

„Pfeiler für Demokratie“

Genau darauf drängen transnatio­nale Interessen­verbände, wie das „Internatio­nal Press Institute“(IPI) in Wien, mit Nachdruck. „Der freie Austausch von Nachrichte­n und Meinungen ist ein fundamenta­ler Pfeiler nicht nur für die Demokratie, sondern auch für Stabilität und Sicherheit, weil er hilft, Radikalisi­erungen zu verhindern“, betont IPI-Geschäftsf­ührerin Barbara Trionfi auf KURIER-Anfrage. Die Arbeit der OSZE werde ohne die Galionsfig­ur für Medienfrei­heit massiv geschwächt, weil sie zur „Lösung der Probleme in den OSZE-Staaten einen zentralen Beitrag“leisten könne.

 ??  ?? Mit der Verhängung der U-Haft für den deutsch-türkischen Journalist­en Deniz Yücel haben sich die Spannungen Deutschlan­d-Türkei verschärft
Mit der Verhängung der U-Haft für den deutsch-türkischen Journalist­en Deniz Yücel haben sich die Spannungen Deutschlan­d-Türkei verschärft
 ??  ?? Mit einer „Ente“in Berlin gegen die Presse-Knebelung in der Türkei
Mit einer „Ente“in Berlin gegen die Presse-Knebelung in der Türkei
 ??  ?? Demonstrat­ion vor Parlament in Wien für die Freilassun­g Yücels
Demonstrat­ion vor Parlament in Wien für die Freilassun­g Yücels

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