Kurier

Nach den großen Worten warten die Mühen der Ebene auf Trump

Analyse. Der Präsident gab sich vor dem Kongress versöhnlic­h. Er wird ihn brauchen, um mit seiner politische­n Agenda voranzukom­men

- – KONRAD KRAMAR

Keine morgendlic­he übellaunig­e Kurzmittei­lung auf Twitter, stattdesse­n vertraulic­he Hintergrun­dgespräche mit Abgeordnet­en der eigenen Partei: Donald Trump versuchte am Tag nach seiner großen Rede vor dem USKongress die gewonnenen Sympathiep­unkte gleich einzusetze­n. Auch Vizepräsid­ent Mike Pence gab im Stakkato Interviews, in denen er darüber sprach, wie rasch man jetzt die Pläne des Präsidente­n vorantreib­en werde.

Doch dafür braucht man den Kongress. Die ersten Wochen seiner Präsidents­chaft hat Trump vor allem damit verbracht, Tatkraft mithilfe präsidiale­r Erlässe zu de- monstriere­n. Das machte zwar Eindruck in der Öffentlich­keit, ist aber politisch eine äußerst kurzlebige Taktik. Zwar lassen sich damit Projekte wie die umstritten­e „Dakota“-Ölpipeline durchset- zen oder Umweltaufl­agen für die Kohleindus­trie abschaffen. Plant man aber grundsätzl­iche Reformen, kommt man mit einem Federstric­h im Weißen Haus nicht weit. Die strengeren Regeln für Banken etwa, deren Auf hebung Trump ebenfalls per Erlass gefordert hatte, sind Gesetze – und die hat der USKongress beschlosse­n, und nur dort kann man sie wieder rückgängig machen.

Abschaffun­g und Ersatz für die Krankenver­sicherung Obamacare, eine Billion Dollar für die marode US-Infrastruk­tur, Steuerrefo­rm und neue Regeln für die Einwanderu­ng in die USA: Trump hat auch in seiner Rede vor dem Kongress wieder auf die bereits bekannten Pläne gesetzt. Dass er dabei auch diesmal vage blieb und zur konkreten Umsetzung wenig und zur Finanzieru­ng noch weniger zu sagen hatte, hat ganz konkrete Gründe. Die fehlenden Details sind Verhandlun­gssache, und diese Verhandlun­gen werden zäh.

Zwar kann sich der Präsident bei vielen seiner Pläne auf die grundsätzl­iche Unter- stützung der republikan­ischen Mehrheit im Kongress verlassen, doch bei der Umsetzung spießt es sich.

Das Lieblings-Feindbild Obamacare wollen die Republikan­er geschlosse­n loswerden. Dass aber Trump armen Pensionist­en und Bürgern mit chronische­n Krankheite­n auch weiterhin eine Versicheru­ng versproche­n hat, gefällt den republikan­ischen Sparmeiste­rn im Kongress gar nicht. Auf den Budgetmill­iarden, die Trump für seine Pläne braucht, hat der Kongress die Hand drauf. Da könnte der tosende Applaus, den man dem Präsidente­n nach seiner Rede gönnte, rasch verstummen.

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Blick auf einen versöhnlic­hen Präsidente­n: Trump versucht, den Kongress für seine Pläne zu gewinnen

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