Nach den großen Worten warten die Mühen der Ebene auf Trump
Analyse. Der Präsident gab sich vor dem Kongress versöhnlich. Er wird ihn brauchen, um mit seiner politischen Agenda voranzukommen
Keine morgendliche übellaunige Kurzmitteilung auf Twitter, stattdessen vertrauliche Hintergrundgespräche mit Abgeordneten der eigenen Partei: Donald Trump versuchte am Tag nach seiner großen Rede vor dem USKongress die gewonnenen Sympathiepunkte gleich einzusetzen. Auch Vizepräsident Mike Pence gab im Stakkato Interviews, in denen er darüber sprach, wie rasch man jetzt die Pläne des Präsidenten vorantreiben werde.
Doch dafür braucht man den Kongress. Die ersten Wochen seiner Präsidentschaft hat Trump vor allem damit verbracht, Tatkraft mithilfe präsidialer Erlässe zu de- monstrieren. Das machte zwar Eindruck in der Öffentlichkeit, ist aber politisch eine äußerst kurzlebige Taktik. Zwar lassen sich damit Projekte wie die umstrittene „Dakota“-Ölpipeline durchset- zen oder Umweltauflagen für die Kohleindustrie abschaffen. Plant man aber grundsätzliche Reformen, kommt man mit einem Federstrich im Weißen Haus nicht weit. Die strengeren Regeln für Banken etwa, deren Auf hebung Trump ebenfalls per Erlass gefordert hatte, sind Gesetze – und die hat der USKongress beschlossen, und nur dort kann man sie wieder rückgängig machen.
Abschaffung und Ersatz für die Krankenversicherung Obamacare, eine Billion Dollar für die marode US-Infrastruktur, Steuerreform und neue Regeln für die Einwanderung in die USA: Trump hat auch in seiner Rede vor dem Kongress wieder auf die bereits bekannten Pläne gesetzt. Dass er dabei auch diesmal vage blieb und zur konkreten Umsetzung wenig und zur Finanzierung noch weniger zu sagen hatte, hat ganz konkrete Gründe. Die fehlenden Details sind Verhandlungssache, und diese Verhandlungen werden zäh.
Zwar kann sich der Präsident bei vielen seiner Pläne auf die grundsätzliche Unter- stützung der republikanischen Mehrheit im Kongress verlassen, doch bei der Umsetzung spießt es sich.
Das Lieblings-Feindbild Obamacare wollen die Republikaner geschlossen loswerden. Dass aber Trump armen Pensionisten und Bürgern mit chronischen Krankheiten auch weiterhin eine Versicherung versprochen hat, gefällt den republikanischen Sparmeistern im Kongress gar nicht. Auf den Budgetmilliarden, die Trump für seine Pläne braucht, hat der Kongress die Hand drauf. Da könnte der tosende Applaus, den man dem Präsidenten nach seiner Rede gönnte, rasch verstummen.