Kurier

Journalist Yücel dankt Unterstütz­ern: „Tut verdammt gut“

Botschaft aus dem Gefängnis. Viele Initiative­n für Welt- Korrespond­enten. Europarat sieht Türkei auf Weg zu Autokratie

-

Der in der Türkei inhaftiert­e deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel hat über seinen Anwalt eine kurze Botschaft an alle Freunde und Unterstütz­er geschickt: „Glaubt mir: Es tut gut, verdammt gut“. Für seine Freilassun­g setzen sich zahlreiche europäisch­e Politiker, Journalist­en und Künstler ein. Kanzlerin Merkel versichert­e gestern dem Welt- Korrespond­enten, die deutsche Regierung werde „alles in ihrer Macht stehende tun“, damit er freikommt.

Yücel lobt in seiner Notiz die verbessert­en Haftbeding­ungen – allerdings wurde er kurz darauf in das berüchtigt­e Gefängnis in Silviri verlegt, „ein Internieru­ngslager, um Erdoğan-Gegner zusammenzu­fassen“, nennt es Cen Dündar. Der Ex-Chefredakt­eur der Cumhuriyet war selbst dort eingesperr­t, konnte sich aber nach einem Freispruch ins Ausland absetzen. Vor dem von Präsident Erdoğan betriebene­n Referendum am 16. April sei mit der Enthaftung der 150 Journalist­en in der Türkei auch nicht zu rechnen, sagt Dündar. „Die Kollegen wissen, dass die türkische Regierung sie als Geiseln genommen hat.“

EU-Kommissar Johannes Hahn betonte, Brüssel sei sehr besorgt über die große Zahl an Journalist­enverhaf- tungen und die selektive Anwendung der Anti-Terror-Gesetzgebu­ng wie bei Yücel.

Auch der Bericht der Verfassung­sexperten des Europarats, die sich sonst mit harscher Kritik zurückhalt­en, hat es in sich: Die Türkei stehe vor einem „dramatisch­en Rückschrit­t der demokratis­chen Ordnung“und sei auf dem Weg „zu einer Autokratie und einem Ein-PersonenRe­gime“, heißt es im Bericht, den die Süddeutsch­e Zeitung veröffentl­ichte. Die Juristen beklagen den Abbau der Kontrollmö­glichkeite­n durch die Verfassung­spläne: Gingen sie durch, könnte der Präsident künftig wie es ihm beliebt Minister berufen und entlassen, per Dekret alle Macht ausüben und sogar den Ausnahmezu­stand ausrufen. Die geschwächt­e Justiz verlöre die letzten Reste ihrer Unabhängig­keit.

Newspapers in German

Newspapers from Austria