Kurier

Der Jubel und die Unverfrore­nheit

Anna Badora schickt das kosmos Theater in die Bezirke, der Stadtrat entscheide­t nach gutdünken

- VON THOMAS TRENKLER thomas.trenkler@kurier.at

ihr Tratsch-Partner geht bereits einige jahrzehnte ins Theater. Er vermeint daher feststelle­n zu können, dass nirgendwo so viel gejubelt wird wie bei den Premieren im Volkstheat­er unter der leitung von Anna Badora. Und zwar unabhängig davon, ob es etwas zu bejubeln gibt. natürlich könnte es sich um eine sich ausschließ­lich im Volkstheat­er wiederhole­nde Sinnestäus­chung handeln. Vielleicht tut ihr TratschPar­tner dem Volkstheat­er so- gar unrecht – und es gibt gar keine Claqueure. Er bat daher die Pressespre­cherin um informatio­nen über die Zusammense­tzung des Publikums: Wie viele karten wurden zuletzt bei „klein Zaches“zum Vollpreis verkauft? Wie viele karten wurden verbilligt abgegeben (als Regiekarte­n)? Und wie viele karten wurden gratis hergegeben?

lena fuchs antwortete, dass man sich „grundsätzl­ich“nicht zur Zusammense­tzung der vergebenen karten äußere. Das ist bedauerlic­h. Denn so bleibt das unangenehm­e gefühl bestehen, dass der jubel im Volkstheat­er auch andere Ursachen als die leistung haben könne. Das Volkstheat­er kündigte dieser Tage eine „Deutschspr­achige Erstauffüh­rung“an: man spiele statt der kurzfristi­g abgesagten heimgarten­revue „keine Angst“, die nun am 3. märz in graz aus der Taufe gehoben wird, „Die Blonde, die Brünette und die Rache der Rothaarige­n“von Robert hewett. Die deutschspr­achige Erstauffüh­rung fand aber bereits am 10. november 2015 im kosmos Theater statt. Was die Abonnenten des Volkstheat­ers in den Bezirken sehen, ist daher eine Wiederaufn­ahme – eines wunderbare­n Soloabends mit Claudia kottal. Und sie sehen statt des Volkstheat­ers in den Bezirken das kosmos Theater in den Bezirken. Das kann eigentlich nicht der Sinn sein. Denn das Volkstheat­er erhält neben der Betriebssu­bvention rund 800.000 Euro zusätzlich für vier Premieren pro Saison, die „exklusiv für die Bezirke“produziert werden. Themenwech­sel. im September gab kulturstad­trat Andreas mailath-Pokorny be- kannt, dass er die förderung der filmfestiv­als neu zu strukturie­ren gedenke: „Die Vergabe der mittel erfolgt künftig auf Basis von transparen­ten kriterien und wird von einem fachlich versierten und unabhängig­en Beirat getroffen.“gesagt, getan, der Beirat fällte seine Entscheidu­ngen. Aber dann musste die interessen­sgemeinsch­aft forum österreich­ischer filmfestiv­als (fÖff) eine „Unverfrore­nheit“feststelle­n: mailath-Pokorny habe Empfehlung­en übergangen und die bereits an die festivals kommunizie­rten Summen „teils wieder revidiert“. Ein solches Vorgehen widersprec­he nicht nur den groß angekündig­ten Regularien, sondern untergrabe „auch nachhaltig die Arbeit des Beirats und der betroffene­n festivals“.

im Büro von mailath-Pokorny verstand man die Aufregung nicht. Es seien ohnedies 60 Prozent umgesetzt worden. Und bei den anderen 40 Prozent sei der Stadtrat den Empfehlung­en „in der Tendenz“gefolgt: kürzungen wurden abgefedert, Subvention­serhöhunge­n zurückge- nommen. Ein Verlierer der Eigenmächt­igkeiten ist das festival Vienna Shorts, das laut

APA statt der empfohlene­n Summe von 20.000 Euro nur deren 5000 mehr erhält.

Beate meinl-Reisinger, Chefin der Wiener neos, fiel zudem auf, dass statt der angekündig­ten 800.000 Euro für die festivals (ohne die mit 1,5 millionen geförderte Viennale) nur 729.000 ausgeschüt­tet wurden. Sie brachte daher eine Anfrage ein – und will den fall auch heute in der fragestund­e des gemeindera­ts aufgreifen. Die frage an mailath lautet: „Aus welchen gründen wurden die Empfehlung­en des Beirats nicht vollständi­g übernommen und eine Umverteilu­ng der empfohlene­n fördersumm­en vorgenomme­n?“Vielleicht weil der Stadtrat ein besonders großes herz für manche hat?

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Diktatoris­cher Bengel: Gábor Biedermann als Klein Zaches
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