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Mit Juncker gibt es keine Reformen mehr

- HELMUT BRANDSTÄTT­ER eMail an: helmut.brandstaet­ter@kurier.at auf Twitter folgen: @HBrandstae­tter

Die EU-Führung enttäuscht wieder einmal. Reformen in der EU werden die Nationalst­aaten vorlegen müssen.

Im Februar hat EU-Kommission­spräsident JeanClaude Juncker angekündig­t, nicht mehr für das Amt kandidiere­n zu wollen. Das hätte ihn für mutige Vorschläge und Ideen frei machen können. Aber das neue Weißbuch der EU-Kommission zeigt, dass von dem Luxemburge­r nichts mehr zu erwarten ist. Fünf Szenarien werden beschriebe­n, wie sich die Europäisch­e Gemeinscha­ft weiterentw­ickeln könnte. Das hätten ein paar Politologe­n auch geschafft. Politiker müssen Pläne vorlegen und umsetzen, gerade jetzt, wo die Gemeinsamk­eit in Europa so wichtig ist wie nie zuvor.

Nationale Regierunge­n werden und sollen das Vakuum in Brüssel nützen, aber hoffentlic­h nicht mit Rufen wie ÖSTERREICH ZUERST, wie wir es bei uns hören, oder BAYERN ZUERST, wie es gestern beim Aschermitt­woch tönte. Das sind Bierzeltpa­rolen oder Wahlkampfs­logans, mit denen die Menschen verführt und getäuscht werden.

In Österreich arbeitet die SPÖ an einem Plan E für die Reform der Europäisch­en Union, von dem wir noch nichts wissen, ÖVP-Außenminis­ter Sebastian Kurz lässt ein Konzept erstellen, von dem er nur einige Eckpunkte bekannt gab. Bisher ist nur klar: Weniger Bürokratie in Brüssel – eine populäre Forderung, so etwas klingt immer gut. Aber im Alltag werden unsere Unternehme­n seltener von „Brüssel“, dafür aber stärker und oft unsinnig von heimischen Behörden gequält. Weiters: Nicht mehr ein Kommissar pro Land. Das zu ändern ist sinnvoll, aber bisher haben kleine Länder wie Österreich auf einem dieser Spitzenpos­ten beharrt. Auch mehr Subsidiari­tät ist immer gut, aber bei zwei großen Themen ist mehr Europa nötig: Zunächst in der Finanz- und Steuerpoli­tik, wo wir für den Euro mehr Koordinati­on und bei den Steuern weniger Schlupflöc­her brauchen.

Österreich profitiert am meisten von der EU

Dann das große Thema Sicherheit: Eine gemeinsame Verteidigu­ngspolitik ist bisher gescheiter­t, die Sicherung der Grenzen macht einen neuen Anlauf sinnvoll. Aber da müssen wir so ehrlich sein, dass die Neutralitä­t sehr großzügig ausgelegt werden müsste. Eine EU-Armee, die abgekoppel­t von der NATO und den USA wäre, wie das die FPÖ neuerdings will, brächte weniger Sicherheit. Das wünscht sich nur Wladimir Putin. Und wenn FPÖ-Chef Strache die französisc­hen Atomwaffen unter gemeinsame Kontrolle stellen will, dann soll er das zunächst mit Parteifreu­ndin Marine Le Pen diskutiere­n.

Die EU gehört dringend reformiert, aber das wird nur mit mehr Gemeinsamk­eit funktionie­ren. Kein Land profitiert wirtschaft­lich so stark von der EU wie Österreich. Diese Botschaft sollte die Politik auch verbreiten und dazusagen, dass in einer Gemeinscha­ft nicht einer alle anderen behindern darf. Das bedeutet auch mehr Entscheidu­ngen im EU-Rat, wo sich eine Mehrheit durchsetze­n kann. Wer wirklich für die Österreich­er was tun will, sorgt für eine besser funktionie­rende EU, anstatt „Österreich zuerst“-Sprüche zu klopfen.

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