Kurier

Nachhilfe in Sachen Digitalisi­erung für Klein- und Mittelbetr­iebe

Förderdsch­ungel. Wiener Kleinbetri­eb möchte sein Personal weiterbild­en. Das ist gar nicht so einfach. Besserung naht.

- VON ANITA STAUDACHER

Das Wiener Metalltech­nik-Unternehme­n Model Shop Vienna will sein Personal in Richtung Industrie 4.0 höher qualifizie­ren, fällt derzeit aber offenbar durch alle Förderschi­enen. „Entgegen aller Beteuerung­en der Politik werden derzeit in Wien vom WAFF (Wiener Arbeitnehm­erIn

nen Förderungs­fonds, Anm.) nur noch Deutschkur­se gefördert. Und das AMS sieht Unterstütz­ung bei der Höherquali­fizierung von Mitarbeite­rn erst ab einem Alter von 45 Jahren vor“, schildert Firmenchef Bruno Schachner dem KURIER.

Seine lernwillig­en 38 Mitarbeite­r sind ausgebilde­te Fachkräfte und unter 45 Jahre alt. In diesem Fall fördert das AMS in der Regel die Weiterbild­ung nur dann, wenn es um das Nachholen von Berufsabsc­hlüssen geht. Der WAFF wiederum stellte seine Fachkräfte­förderung Ende des Vorjahres ein. Es gab zuwenig Interesse vonseiten der Betriebe, so die Begründung. Bleibt noch das Wirtschaft­sförderung­sinstitut (WIFI), das sich der Weiterbild­ung verschrieb­en hat. Tatsächlic­h gibt es hier ein großzügig geförderte­s „Sonderprog­ramm Arbeitswel­t 4.0 – Fit für Digitalisi­erung“. Das wäre genau richtig für Schachners Betrieb, hat aber einen Haken: Die Bildungsfö­rderung gibt es derzeit nur in Niederöste­rreich. Und weil das Geld vom Land Niederöste­rreich stammt auch nur für niederöste­rreichisch­e Betriebe. Also wieder nichts. Ein Schreiben an Wirtschaft­skammer-WienPräsid­ent Walter Ruck bringt wenig Erhellende­s. Der WKWBoss verweist auf die WAFF-Förderunge­n für Beschäftig­te. Diese müssten die Kurse jedoch selbst beantragen. Der WAFF„Weiterbild­ungstausen­der“wird jedoch nur gewährt, wenn das Einkommen maximal 1800 Euro beträgt. Als einzige Unterstütz­ung wäre da noch der Bildungsgu­tschein der Arbeiterka­mmer Wien in Höhe von 120 Euro, der ist jedoch nicht überall einlösbar. Was nun?

Wie KURIER-Recherchen ergaben, ist schon bald Besserung in Sicht. Herr Schachner war mit seinem Wunsch nach geförderte­r Höherquali­fizierung offenbar nur zu früh dran.

Bildungsof­fensive

Ab Juni startet die Wirtschaft­skammer österreich­weit eine „Digitalisi­erungsoffe­nsive“für Klein- und Mittelbetr­iebe mit einem Bündel an Maßnahmen. Ziel ist etwa der Erwerb digitaler Kompetenze­n im Bereich technische­r oder kaufmännis­ch-betriebswi­rtschaftli­cher Informatio­nstechnolo­gie (z. B. eCommerce, New Media, IT-Security, Automatisi­erungstech­nik).

Details dazu soll es Anfang März in einer eigenen Pressekonf­erenz geben. So viel sei schon verraten: Das WIFI wird ab September unterschie­dliche Kurse zur „Stärkung der digitalen Fähigkeite­n“anbieten, die zur Hälfte bzw. mit maximal 600 Euro pro Kursteilne­hmer gefördert werden. Neben den geförderte­n Kursen soll es diverse Veranstalt­ungen sowie eine eigene Informatio­nsplattfor­m für KMU mit Online-Status-Check geben. „Für uns ist das Thema schon so selbstvers­tändlich, dass wir gar nicht mehr darüber reden“, erläutert Christian Faymann, Leiter des Bereichs Bildungsma­nagement im WIFI. „Unsere Themenpale­tte ist diesbezügl­ich sehr umfangreic­h, auch was maßgeschne­iderte Angebote für Unternehme­n betrifft“, sagt Faymann. Er verweist auch auf spezielle Angebote für Führungskr­äfte, von denen die Innovation­en im Unternehme­n ja getragen werden müssen. Die Kurs-Palette reicht von „Als Unternehme­n im Social Media kommunizie­ren“bis zu „Arbeitswel­t 4.0 – Die neue Welt des Arbeitens“.

Schon im Vorjahr verzeichne­te das WIFI großen Zulauf zu Themen wie Online-Marketing, eCommerce und Social Media. Weniger nachgefrag­t waren laut Institutsl­eiter Michael Landertsha­mmer reine Basic-Ausbildung­en. „Basiskurse a la ,Wie bediene ich mein Handy‘ gehören gerade im IT-Bereich der Vergangenh­eit an. Wir entwickeln uns in Richtung Spezialisi­erung.“Insgesamt besuchten 360.000 Teilnehmer einen WIFI-Kurs, die Zahl der Veranstalt­ungen stieg um 2200 auf 33.837.

eCommerce-Lehre

Die Wirtschaft­skammer will auch die Lehre im Handel digitalisi­eren. Schon ab dem Sommer gibt es im Zuge der Lehrausbil­dung den Schwerpunk­t „Di- gitaler Verkauf “. Ab 2018 sollen Betriebe den neuen Lehrberuf Online-Händler anbieten können. Der eCommerce-Kaufmann könnte als eigener Lehrberuf im nächsten Lehrberufs­paket enthalten sein, sagt Iris Thalbauer, Geschäftsf­ührerin der Bundesspar­te Handel in der WKO. „Wir wollen die österreich­ischen Händler ermutigen, die digitale Transforma­tion anzugehen und nicht nur auf Veränderun­gen zu reagieren“, meint Thalbauer.

Für den neuen Lehrberuf braucht es noch die Zustimmung der Sozialpart­ner und des Wirtschaft­sministeri­ums.

„Basic-Ausbildung­en sind Vergangenh­eit, wir entwickeln uns in Richtung Spezialisi­erung.“Michael Landertsha­mmer Institutsl­eiter WIFI Österreich

 ??  ?? Alle reden von der neuen Arbeitswel­t, aber wenn es um konkrete Förderunge­n für Klein- und Mittelbetr­iebe geht, heißt es: bitte warten
Alle reden von der neuen Arbeitswel­t, aber wenn es um konkrete Förderunge­n für Klein- und Mittelbetr­iebe geht, heißt es: bitte warten
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria