Kurier

Erster Blick in die Anzeige gegen Airbus

Schmiergel­d. So wurde das Netzwerk aufgezogen

- VON IDA METZGER (sie liegt dem KURIER vor) (Die Details lesen Sie morgen im KURIER). (Es gilt die Unschuldsv­ermutung).

Dem KURIER liegt die geheime Strafanzei­ge des Verteidigu­ngsministe­riums gegen Airbus vor. In der 133 Seiten starken Sachverhal­tsdarstell­ung hat die Task Force das vorgeworfe­ne Delikt der Täuschung akribisch aufgearbei­tet. Die Republik fühlt sich in zwei Punkten hinters Licht geführt: Zum einen sei Airbus nicht im imstande gewesen, Österreich die Eurofighte­r im vereinbart­en „Bauzustand“zu liefern. Der zweite Punkt der Täuschung dreht sich um die Schmiergel­dzahlungen in der Höhe von 183,4 Millionen Euro, die in den Kaufpreis eingepreis­t wurden. Aus der Strafanzei­ge geht klar hervor, dass sich Beamte, Lobbyisten, aber auch Ex-Airbus-Manager bei dem Eurofighte­r-Deal bereichert haben sollen.

Der Grüne Peter Pilz tat etwas Ungewöhnli­ches. Der Meister der Inszenieru­ng versuchte im KURIER-Interview tiefzustap­eln. „Es darf sich niemand wundern, dass in der Strafanzei­ge des Verteidigu­ngsministe­riums kein einziger Korruption­svorwurf erhoben wird, weil es nur um die Täuschung durch Airbus und Eurofighte­r geht.“

Was im ersten Moment nach einer Enttäuschu­ng klingt, liest sich in der Strafanzei­ge dann doch wie ein spannender Schmiergel­d-Krimi. Inhaltlich stützt sich die Sachverhal­tsdarstell­ung auf die Ermitt- lungsergeb­nisse der Wiener Staatsanwa­ltschaft. Akribisch haben die Forensiker der Heeres-Task Force „Minerva“auf 133 Seiten die behauptete Täuschung seitens Airbus bei den Vertragsve­rhandlunge­n für die Eurofighte­r-Beschaffun­g aufgearbei­tet.

Die Anzeige gibt auch Einblick, wie das Schmiergel­d via unzähligen Brief kastenfirm­a um die ganze Welt geschickt worden sein soll, um dann wieder in Österreich aufzutauch­en. „Es wurden lebende Bankomat-Kassen produziert“, nennt es Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil. Bei der Korruption soll die zweite Täuschung passiert sein: Schmiergel­der in der Höhe von insgesamt 183,4 Millionen Euro wurden in die Eurofighte­r-Rechnung an die Republik eingepreis­t.

Aufgefloge­n ist das Millionen-Netzwerk mit der Verhaftung von Gianfranco Lande in Italien. Er fungierte als Direktor der dubiosen Gesellscha­ft Vector Aerospace. „Das ist eine meiner Lieblingsg­eschichten“, erzählt Pilz. Bei der Verhaftung von Lande, der wegen der Pleite eines Pyramidens­piels mit Wertpapier­en in der Bredouille steckte, hoffte die Staatsanwa­ltschaft, dass der ominöse Manager gegen die italienisc­he Mafia auspacken werde. Das tat er nicht. „Er fürchtete um sein Leben“, schildert Pilz. Aber Lande meinte, er könne einen „Rüstungsfa­ll in Österreich anbieten“, der sei für ihn ungefährli­ch.

Selbstbere­icherung

Durch die Aussage des Italieners kam die Causa Eurofighte­r (wieder) ins Rollen. In der Anzeige des Verteidigu­ngsministe­riums heißt es: „Am 14.07.2004 wurde in Auftrag von Eurofighte­r und Airbus die Gesellscha­ft Vector Aerospace gegründet“.

Vorgeblich­er Zweck: Die Erfüllung der mit Österreich bei dem Rüstungsde­al vereinbart­en Gegengesch­äfte in der Höhe von vier Milliarden Euro. Das allerdings bezweifelt die Staatsanwa­ltschaft. Sie meint, dass „ die von EADSDeutsc­hland bezahlten Gelder an Vector aus dem Unternehme­n geschleust wurden und für korrupte Zwecke dienen sollte.“Airbus überwies an das Netzwerk stolze 114 Millionen Euro. „Der Betrag (...) wurde dazu verwendet, über zahlreiche weitere Off-ShoreGesel­lschaften auf direktem oder indirektem Weg „Vermittlun­gsprovisio­nen“zu leisten.“Die Personen, so die Anzeige, standen damals alle „in einem Naheverhäl­tnis zu den damaligen Entscheidu­ngsträgern der Republik“. In der Anzeige taucht unter anderem der Name von Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly auf

Nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft Wien sollten durch diese Konstrukti­onen Geldbeträg­e lukriert werden, die „ als Schmiergel­dzahlungen an Entscheidu­ngsträger, insbesonde­re Beamte (...) weitergele­itet werden, um dort eine Beeinf lussung zu ermögliche­n.“Die Idee für diese Konstrukti­on stammt von einem ehemaligen Eurofighte­r-Manager. Daraus resultiert der Verdacht, dass von den „ damaligen Entscheidu­ngsträgern von Eurofighte­r und Airbus eine unternehme­nsähnliche Verbindung geschaffen wurde, (...) um sich selbst zu bereichern.“

Haiders Wunschproj­ekt

Einer darf in dieser Strafanzei­ge auch nicht fehlen: Kärntens Ex-Landeshaup­tmann Jörg Haider. Der Freiheitli­che war ursprüngli­ch gegen den Eurofighte­r-Ankauf. Möglicherw­eise hat die Verwirklic­hung seines Wunschproj­ektes, den Technologi­epark Lakeside, zum Meinungsum­schwung beigetrage­n. Denn stolze vier Millionen Euro überwies Airbus an die Lakeside-Technologi­e-Stiftung. Die Staatsanwa­ltschaft stellt fest: „ Trotz der fehlenden Anerkennun­g als Gegengesch­äft“, leistete Airbus diesen Beitrag zur Realisieru­ng.

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Laut der Strafanzei­ge gegen Airbus sollen sich Beamte, Lobbyisten, aber auch Ex-Airbus-Manager beim Eurofighte­r-Deal bereichert haben

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