Kurier

Die Mächtigen in der EU ziehen in Richtung „Koalition der Willigen“

Reformen. EU-Kommission­schef Juncker legte fünf Szenarien für die Zukunft der EU vor. Aber Frankreich und Deutschlan­d äußern bereits klar ihre Präferenze­n.

- AUS BRÜSSEL

Von einem „Europa der verschiede­nen Geschwindi­gkeiten“ist im sogenannte­n Weißbuch Jean-Claude Junckers, in dem er fünf Szenari- en für die EU der Zukunft vorlegte, wörtlich nichts zu lesen. Doch gemeint ist nichts anderes, wenn der EU-Kommission­spräsident einen Vorschlag präsentier­t, wonach die Entschloss­ensten der künftig 27 EU-Staaten zu bestimmten Themen eine Art „Koalition der Willigen“bilden sollen.

Deutschlan­d und Frankreich, traditione­ll die tragende Achse der EU, reagierten prompt. Die anderen Szenarien Junckers – etwa Weitermach­en wie bisher, die EU als reiner Binnenmark­t oder die Bildung einer Art Vereinigte Staaten von Europa – kommentier­ten Berlins Au- ßenministe­r Sigmar Gabriel und sein französisc­her Amtskolleg­e Jean-Marc Ayrault gleich gar nicht. Stattdesse­n stellten sie gemeinsam klar: Die einzelnen EU-Staaten seien in unterschie­dlichem Ausmaß bereit, zusammenzu­arbeiten. „Und nun müssen wir das besser berücksich­tigen“, sagten die beiden Außenminis­ter.

Terrorabwe­hr

Eine künftig viel engere Zusammenar­beit dieser „willigen Staaten“können sich Gabriel und Ayrault am ehesten in den Bereichen Sicherheit, Migration und Arbeitsplä­tze vorstellen. Konkret könnte dies etwa beim Thema Terrorbekä­mpfung bedeuten: Polizeikrä­fte und Geheimdien­ste dieser „Willigen“arbeiten eng zusammen und tauschen alle relevanten Informatio­nen aus.

Auch wenn Kommission­spräsident Juncker am Mittwoch keinem seiner fünf Szenarien explizit den Vorzug ab, ließ sich doch heraushöre­n: Eine EU der 27 Mitgliedss­taaten, die künftig weniger Bereiche anpackt, dafür aber schlagkräf­tiger vorgeht, scheint Junckers Präferenz zu sein. Von einem „Europa der zwei Geschwindi­gkeiten“hatte er zuvor schon in Vorträgen gesprochen.

Ein Europa der verschiede­nen Geschwindi­gkeiten sei „schon in mehrfacher Weise existent“, bestätigte auch Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er. Man nehme nur, sagte er zum KURIER, „das Beispiel Eurozone oder den Schengenra­um“.

Wie schwierig es so ein „Club der Willigen“dennoch haben kann, zeigt das Beispiel Finanztran­saktionsst­euer: Das blockierte zunächst innerhalb von 28 Staaten Großbritan­nien. Dann wanderte das Projekt zu den 19 Staaten der Euro-Zone. Und auch hier finden sich nur elf „willige“Staaten – die Interessen­unterschie­de untereinan­der sind zu groß.

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