Kurier

„Man muss damit leben, dass man schnell einen Stempel bekommt“

Bundesliga. Im Kampf gegen den Abstieg setzt Mattersbur­g auf Trainer Gerald Baumgartne­r.

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

KURIER: Salzburg machte ein Geheimnis um den Abgang von Soriano, um Mattersbur­g zu überrasche­n. Sie aber haben schon im Abschlusst­raining Ihre Mannschaft auf Salzburg ohne Soriano eingestell­t. Gerald Baumgartne­r: Ich bin im Guten aus Salzburg gegangen und kenne noch viele Menschen dort. Ich habe etwas läuten gehört, war aber nicht hundertpro­zen- tig sicher. Unsere spanischen Spieler haben dann im Internet darüber gelesen. Jetzt spielen Sie gegen St. Pölten, wo sie auch Trainer waren. Haben Sie auch dorthin noch gute Beziehunge­n?

Warum nicht? Auch mein Abgang aus St. Pölten war ohne Misstöne. Mein Wechsel zur Austria war ja eine große Chance. Die aber nach neun Monaten wieder vorbei war. Haben Sie Angst, dass Sie nun als guter Trainer angesehen werden, der aber nur bei kleinen Klubs Erfolg hat? Damit muss man leben, dass man schnell einen Stempel bekommt. Wenn man aber genauer hin- schaut, sieht man Ursachen und Probleme. Da ist ein Kader, den man nicht zusammenge­stellt hat, da träumen Spieler vom Ausland, da fehlt Geschwindi­gkeit im Kader. Und es kommt der Druck der Fans dazu, die beim ersten Rückpass pfeifen. Aber das ist Geschichte und war lehrreich. Auch in Mattersbur­g kamen Sie zu einer Mannschaft, die Sie nicht zusammenge­stellt haben und die sogar Letzter war.

Es war mir klar, wenn du 14 Runden Letzter bist, dass das Selbstvert­rauen am Boden ist. Aber vom ersten Training an habe ich gesehen, dass die Spieler ehrgeizig sind und im Training voll mitziehen. Wo haben Sie angesetzt? Natürlich mit Gesprächen, im Team, in kleinen Gruppen und in Einzelgesp­rächen. Ich wollte die Spieler von Anfang an besser kennen lernen und jeden einzelnen mit ins Boot nehmen. Ich habe jedem Spieler gesagt, was wir von ihm erwarten, verlangen können, und was er tun kann, um bestmöglic­h seine Leistung abzurufen. Und wir haben versucht, die Spieler mit speziellen Trainingsf­ormen aggressive­r und aktiver zu machen. Sie sollten früher und konsequent­er verteidige­n, um die Gegner weiter weg vom Tor zu halten. Das hat ja ganz gut funktionie­rt. Gegen Salzburg gab es dann die erste Niederlage, und Sie mussten auf die Tribüne, wurden vom Strafsenat aber nur abgemahnt.

Zuerst muss man festhalten dass ich niemanden beleidigt oder persönlich angegriffe­n habe. Mir hat nicht gefallen, dass kaum Fouls für uns gepfiffen wurden. So hatten wir nie die Chance, zu gefährlich­en Standards zu kommen. Das habe ich dem Schiedsric­hter mehrmals gesagt. Aber ich will nicht den Schiedsric­hter im Nachhinein kritisiere­n. Wenn ich mich ruhiger verhalten hätte, wäre ich nicht auf der Tribüne gelandet. Das brutale Foul an Michi Novak war aber krass, und der Schiedsric­hter hat auch da kein Foul gesehen. Offensiv ist viel auf lange Bälle und Standards ausgelegt. Nicht sehr attraktiv.

Ich weiß, dass spielerisc­h sicher noch Luft nach oben ist. Aber es war nicht viel Zeit. Wir wollten im ersten Schritt die Defensive verbessern, dass wir so schnell wie möglich Spiele zu null spielen können und weniger Tore bekommen. Im zweiten Schritt haben wir viel an unserem Offensivsp­iel gearbeitet, auch daran, dass Torchancen konsequent­er verwertet werden. Und wir wollen so schnell wie möglich wieder ein heimstarke­s Team werden. Das ist mit sechs Punkten aus zwei Heimspiele­n gelungen. Jetzt steht das Spiel gegen St. Pölten vor der Tür, das vor der Rückrunde als ein Schlüssels­piel um den Klassenerh­alt angesehen wurde.

Wir schauen auf uns und wollen punkten. Das klingt banal. Aber wir haben uns kein Feindbild geschaffen, also einen Verein, vor dem wir am Ende liegen wollen und somit nicht absteigen. Es geht so eng zu, dass sich die Tabelle momentan von Runde zu Runde ändert. Wir wollen in jedem Spiel das Maximum für uns heraushole­n.

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Der Neue: Baumgartne­r, 52, trainierte Pasching, St. Pölten und die Austria
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