Kurier

„Das ist profession­alisierte Isolation“

Nachgefrag­t. Der Religionsp­ädagoge Ednan Aslan über den Koranunter­richt und seine Chancen

-

KURIER: Was unterschei­det den Unterricht an Moscheen vom Islamunter­richt an den Schulen? Ednan Aslan: An den Schulen hat man einen ganz klaren Lehrplan. An den sogenannte­n Koranschul­en geht es ausschließ­lich darum, dass die Kinder Arabisch – oder besser: arabisch lesen lernen, um dann die Suren im Koran auswendig zu können. Dazu kommen bestimmte katechetis­che Inhalte.

In Schulen wird auf Deutsch unterricht­et, in Moscheen in der Mutterspra­che. Zielführen­d?

Das Problem ist, dass die Imame, die an den Koranschul­en unterricht­en, die deutsche Sprache in der Regel nicht können. Die Eltern wollen auch, dass die Kinder die Religion als Teil ihrer eigenen Kultur konsumiere­n. In vielen religiösen Tätigkeite­n kann man Religion und Kultur kaum auseinande­rhalten. Natürlich sollten die Kinder auch in ihrer Mutterspra­che lernen.

Wieso braucht es Koranunter­richt? Reicht der Islamunter­richt an den Schulen nicht aus?

Manche Kollegen mögen das versuchen, aber man kann an öffentlich­en Schulen nicht anfangen, den Koran auswendig zu lernen. Der Islamunter­richt kann den Koranunter­richt nicht ersetzen – und er sollte es auch nicht. Religionsu­nterricht sollte religiöse Inhalte, die in den Moscheen gelehrt werden, kritisch ref lektieren.

Können Koranschul­en einen Beitrag zur Integratio­n leisten?

Es geht immer um den Kontext. Die Koranstund­e ist nicht das Problem, es ist die Atmosphäre, in der diese stattfinde­t. Wenn der Unterricht in einem einheimisc­hen Kontext angeboten wird, kann das ein Beitrag zur Inte- gration sein, weil die Kinder sich in der Gesellscha­ft richtig verorten können. Sie können sagen: „Ja, hier ist meine Religion, hier ist meine Heimat.“Aktuell findet aber eine profession­alisierte Isolation statt. Die Koranschul­en bereiten die Kinder für eine Religionsa­usübung in der Türkei, Ägypten oder Saudi-Arabien vor.

Sie treten für einen Islam europäisch­er Prägung ein.

Ja, wir brauchen eine Religiosit­ät, die in der Mitte der Gesellscha­ft tragbar ist. Dazu gehört auch, dass die Kinder den Koran lernen. Wenn wir das als ausländisc­he Aufgabe betrachten, haben wir unsere Generation aufgegeben.

 ??  ?? Ednan Aslan vom Institut für Islamische Studien der Uni Wien
Ednan Aslan vom Institut für Islamische Studien der Uni Wien

Newspapers in German

Newspapers from Austria