Kurier

Neun bis 13 Jahre Haft für acht Iraker nach Gruppenver­gewaltigun­g

Albtraum zu Silvester. Die Anklägerin kritisiert­e Verhöhnung des Opfers. Urteile nahe der Höchststra­fe nicht rechtskräf­tig.

- VON RICARDO PEYERL

Zu Prozessbeg­inn hatte sich das Opfer von einigen Strafverte­idigern der Angeklagte­n auch noch nachsagen lassen müssen, es habe unter Alkohol vielleicht „falsche Signale“ausgesandt. Etwa Signale in die Richtung, sich acht oder neun wildfremde­n Männern hinzugeben? Beim Finale kam die scharfe Antwort der Staatsanwä­ltin Karina Fehringer: „Sollen wir Warnhinwei­se auf Flaschen anbringen: ‚Übermäßige­r Konsum kann als Zustimmung zum Sex gewertet werden‘?“Damit werde das Opfer am Ende auch noch verhöhnt.

Auch die Anklägerin sprach von einem Signal, meinte damit allerdings Abschrecku­ng und forderte deshalb empfindlic­he Verurteilu­ngen nahe der Höchstgren­ze von 15 Jahren Haft. Es sei erschütter­nd, dass nur ein Angeklagte­r einen Funken Reue gezeigt und sich zu einem Geständnis bequemt habe.

Die (noch nicht rechtskräf­tigen) Strafen fielen dann dementspre­chend aus: Zwischen neun und 13 Jahre Gefängnis für acht Iraker, der neunte und älteste Angeklagte wurde im Zweifel freigespro­chen. Die geringste Strafe (neun Jahre) bekam der mit 22 Jahren Jüngste; der Geständige erhielt zehn Jahre. Dem Opfer wurden 25.000 Euro zugesproch­en.

Die 28-jährige Deutsche, die in Wien mit einer Freundin Silvester gefeiert hatte, war in der Nacht zum 1. Jänner 2016 vor einem Lokal in der City aufgelesen und ziemlich angeschlag­en in die Wohnung der Iraker in der Leopoldsta­dt mitgeschle­ift worden. Dort erlebte sie laut Staatsanwä­ltin zwischen Bewusstlos­igkeit und Schrecksta­rre „den absoluten Alb- traum“, an dem sie bis heute leidet.

Ehe am Donnerstag die Urteile verkündet wurden, versuchten die Angeklagte­n noch, die eigene Berauschth­eit als Ausflucht zu präsentier­en, um nicht zur Verantwort­ung gezogen zu werden. Würde man ihrer Aufzählung der konsumiert­en alkoholisc­hen Getränke Glauben schenken, käme man nach Berechnung des Gerichtsme­diziners Christian Reiter auf bis zu 6,2 Promille. Das wäre allerdings mit einer tödlichen Alkoholver­giftung einhergega­ngen.

Nicht voll berauscht

Aber wie viel auch immer getrunken worden sein mag: Die zahlreiche­n Details, an die sich die Angeklagte­n erinnern können, sprechen gegen eine Unzurechnu­ngsfähigke­it wegen voller Berauschun­g. Nach Reiters Erfahrung sind schon Leute mit vier Promille an Alkoholver­giftung gestorben, haben aber bis zuletzt noch gewusst, wer und wo sie sind, und was sich abspielt.

Als manche Angeklagte noch das Gutachten anzweifeln und Promille gegenrechn­en wollten, fuhr Richterin Petra Poschalko dazwischen: „Aus, Schluss, Basta.“

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Bis zuletzt wurden im mehrtägige­n Prozess Ausflüchte gesucht

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