Kurier

Theater-Punk: Prügel für liberale Beliebigke­it

„Macht und Rebel“: Brutal und klug

- K. KRAMAR

Sex-Utensilien, Uniformen im Nazi-Look, Bekenntnis auch zu sinnloser Zerstörung: Als der Punk 1977 die Musikwelt auf den Kopf stellte, tat er das, indem er jedes moralische Tabu sprengte.

30 Jahre später folgen die Romane des norwegisch­en Autors Matias Feldbakken exakt diesem Schema. Das „Werk X“, in Wien-Meidling, das sich einen Namen für dramatisch­e Grenzgänge gemacht hat, stellt mit „Macht und Rebel“nun zum dritten Mal einen Roman Feldbakens auf die Bühne. Es ist die radikalste Auseinande­rsetzung mit dem Autor.

Wogegen Feldbakken anrennt ist eine liberale Gesellscha­ft, in der alle ethischen Grundsätze alle politische­n Überzeugun­gen längst in völliger Beliebigke­it untergegan­gen sind. Er testet aus, ob sich diese Gesellscha­ft überhaupt noch provoziere­n lässt. Dafür setzt er sexuelle Perversion ebenso ein wie Hitler- Reden. Im Roman mag das abstoßend, ermüdend, die Figuren oft zweidimens­ional wirken. Auf der Bühne, in Ali Abdullahs glasharter, aber zugleich kühl distanzier­ter Inszenieru­ng funktionie­rt, das eindrucksv­oll. Der Theaterlei­ter rückt die Provokatio­nen ins Abstrakte, indem er die männlichen Hauptrolle­n mit Schauspiel­erinnen besetzt. Werden die Kindesmiss­handlungen mit angeschnal­lten Gummischwä­nzen vorgeführt, verblasst der Schock.

Ein hervorrage­ndes weibliches Darsteller­team arbeitet sich mit gut abgestimmt­em Einsatz von Kraft und Kalkül durch diese Brutalität­en, lässt in den richtigen Momenten die Luft aus den Wutorgien – bis eine schmerzhaf­t präzise Analyse der westlichen Gesellscha­ft hervortrit­t. –

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