Eiszeit zwischen der Türkei und Deutschland
Auftritte türkischer Politiker in Deutschland werden untersagt, Ankara reagiert erbost
Es kann auch einfach gehen – und schnell: Lange hat die deutsche Politik darüber debattiert, wie mit WahlkampfAuftritten türkischer Politiker auf deutschem Boden umzugehen ist – zu guter Letzt hat die Kommunalpolitik dieses Dilemma gelöst und zwar mit behördlicher Akribie und ganz ohne harte Bandagen.
Kein Einreiseverbot, wie von der Opposition gefordert, kein rechtlich schwieriges polizeiliches Veranstaltungsverbot war nötig, um die geplanten Auftritte des türkischen Justizministers und seines Kollegen aus dem Wirtschaftsressort zu unterbinden. Es hat genügt, dass „Parkplätze und Zufahrten nicht ausreichen“und dass der Veranstaltungsinhalt falsch angegeben worden sei, wie die Städte Gaggenau und Köln am Donnerstag kurzfristig mitteilten.
Eine so simple Lösung für ein so kompliziertes Problem? Das verwundert viele – schließlich traten in den vergangenen Jahren immer wieder türkische Politiker in Deutschland auf; zuletzt war vor nicht einmal zwei Wo- chen Premier Yıldırım in Oberhausen, er rührte vor 10.000 Menschen die Werbetrommel für Erdoğans umstrittene Verfassungsreform. Auch damals war ein Verbot gefordert wor- den, ist aber nicht durchgesetzt worden – zu schwierig sei das aus juristischer Sicht, hieß es da immer.
Gerade deshalb scheint es nur logisch, dass der Gaggenauer Bürgermeister Michael Pfeiffer zur Absage pf lichtschuldigst hinzufügte, dass dies „keine politische Entscheidung“gewesen sei; er habe sich nicht mit höheren politischen Ebenen abgesprochen, sagte er. Wie dem auch sei: Kanzleramt und Außenministerium wird es freuen, diese Entscheidung nicht selbst treffen zu müssen, zumal man angesichts des Falles Deniz Yücel ja massiv unter Druck steht. Selbst in den Regierungsparteien wurde moniert, dass es wie Hohn wirke, dass ausgerechnet Justizminister Bekir Bozdag einen Wahlkampf-Auftritt hätte absolvieren wollen, nachdem die türkische Justiz U-Haft über den deutsch-türkischen Journalisten verhängte. In der Türkei fährt man in dieser Causa indes noch schärfere Geschütze auf: Mehrere dem Präsidenten nahestehende Medien brandmarkten Yücel, der als erster Journalist mit ausländischem Pass inhaftiert wurde, als „PKK-Marionette“.
„Ein Skandal“
legen Heiko Maas ab. „Was ist das für eine Demokratie?“, so seine erzürnte Botschaft; er werde zurück in die Türkei reisen. Wirtschaftsministers Nihat Zeybekçi allerdings will trotz Verbots auftreten: Die Veranstaltung werde am Sonntag an einem anderen Ort statt- Auch die Reaktionen der türkischen Seite auf die Verbote fielen alles andere als gemäßigt aus. Der Sprecher von Präsident Erdoğan kritisierte die Absage auf Twitter als „Skandal-Entscheidung“. Damit käme „das wahre Gesicht derjenigen offen zum Vorschein, die bei jeder Gelegenheit versuchen, der Türfinden, so der deutsch-türkikei Lektionen in Demokratie sche AKP-Abgeordnete Musund Meinungsfreiheit zu ertafa Yeneroğlu. Er nannte teilen.“Justizminister Bekir das Vorgehen „einen SkanBozdag sagte ausdal“.Protestein Treffen mit seinem Amtskol- Noch schwieriger wird es Bekir Bozdag für Angela Merkel übrigens, wenn Erdoğan selbst nach Deutschland kommt. Er soll noch vor dem Referendum über die Verfassungsreform im April in Nordrhein-Westfalen auftreten, hieß es – das bedarf aber der Zustimmung des Kanzleramts und das nicht nur im diplomatischen Sinne: Laut Bundesverfassungsgericht kann das Kanzleramt ihm die Einreise untersagen, wenn er vorhat, sich politisch zu äußern. Reist Erdoğan als Privatmann an, was sein Premier Yildirim in Oberhausen getan hatte, so hätte Merkel keinen Zugriff. Dann könnten die Behörden die Veranstaltung untersagen – etwa, wenn eine „nicht beherrschbare Gefährdungslage“droht, was auch in Gaggenau der Fall war. Dort fürchtete man, „dass die Situation zu gefährlich werden könnte“, so der Bürgermeister.