Kurier

Von Modetrends völlig abgeschnit­ten

- SIMONE HOEPKE simone.hoepke@kurier.at

Meine Mutter ist modisch nicht mehr auf dem neuesten Stand. Das hab ich mit großem Schrecken festgestel­lt. Neulich, am Dachboden des Elternhaus­es, als ich Omas alte Pfaff-Nähmaschin­e gesucht habe. Vergebens! Verschenkt! „Ist eh nur im Weg herumgesta­nden oder wolltest du auf einmal nähen?“, fragt meine Mutter mit spöttische­m Unterton.

Ja, wollte ich! Nähen ist das neue Stricken! Meine Freundin sitzt neuerdings freitagabe­nds gebückt im Nähkurs statt aufrecht in einer Cocktail-Bar. An meiner Mutter gehen solche Moden spurlos vorüber. So wie der Strick-Trend. Als ich sie vor Jahren um Stricknade­ln anschnorre­n wollte, ging ich so leer aus wie diesmal bei der Nähmaschin­e. Sie hat alle verschenkt. Nur eine einzige Stricknade­l hat sie behalten. Nicht als Andenken an ungestrick­te Pullover, sondern als Utensil fürs Kuchenback­en.

Und jetzt ist auch noch die Nähmaschin­e weg. Ich bin empört. Kurz hab ich überlegt, mir selbst eine zu kaufen. Es gibt ein Wunderding, das „Creative Sensation Pro 2“heißt. „Das ist so etwas wie der Thermomix unter den Nähmaschin­en, sie kostet 8000 Euro und war innerhalb kurzer Zeit vergriffen“, lese ich in der

Zeit. Nicht, dass ich Küchenmasc­hinen wie einen Thermomix besitze. Aber ich hab mir das Ding erklären lassen. „Damit kann jeder kochen, sogar mein Mann“, hat die Verkäuferi­n gesagt. Aus Informatio­nen wie diesen ziehe ich den Schluss, dass ich auf der neuen 8000-Euro-Nähmaschin­e mindestens so schnell nähen könnte, wie Karl Lagerfeld spricht.

Was mir in meiner Designer-Karriere helfen könnte, ist die ultracoole Marke Vetements. Sie schickt Menschen mit viel zu großen Lederjacke­n auf den Laufsteg. Ich hab sogar den Verdacht, dass die Models noch den Kleiderbüg­el im Nacken stecken haben. Die Vogue findet das „geistreich“, ich irgendwie verschnitt­en.

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