Kurier

Mödlhammer zur Koalition: „Bis das Ei gelegt ist, ist es zerbrochen“

Politik-Aussteiger. Ex-Gemeinde-Boss verschont zum Abschied auch die eigene Partei nicht und glaubt an Neuwahlen.

- VON RAFFAELA LINDORFER

„Wer zu oft seinen Senf dazugibt, gerät in den Verdacht, ein Würstl zu sein.“Helmut Mödlhammer will das nicht. AmFreitag hat der 65-Jährige hinter sich die Tür im Gemeindebu­nd zugemacht und lässt damit auch die Politik hinter sich. Vorerst.

Der pensionier­te Präsident hat jetzt sehr viel Zeit – und eine Vision: „Jedes Kind soll lesen und schreiben können.“Als Gremiumsvo­rsitzender der Salzburger Volkshochs­chule möchte er einige „Herzenspro­jekte“zum Thema Bildung und Integratio­n verwirklic­hen.

Mödlhammer, der über die Parteigren­zen hinweg respektier­t wurde, war 18 Jahre lang Boss der 2100 Gemeinden Österreich­s und bei vielen Regierungs­projekten als Verhandler dabei – nicht nur beim zähen Ringen um den Finanzausg­leich, sondern zuletzt auch beim 175 Millionen Euro schweren Investitio­nspaket für die Infrastruk­tur in den Gemeinden und bei der „Aktion 20.000“für ältere Langzeitar­beitslose.

Eier legen statt gackern

Dass es gerade hier jetzt einen Konflikt zwischen Sozialmini­ster Alois Stöger, der das Projekt initiiert hat, und Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling, der es bezahlen soll, gibt, sei „typisch für diese Bundesregi­erung“, sagt Mödlhammer, der mit seiner Kritik auch die eigene Partei, die ÖVP, nicht verschont: „Erst wird viel gegackert, aber bis das Ei dann gelegt ist, ist es schon zerbrochen.“

Die Spitzenpol­itik könne sich an den Kommunen etwas abschauen, sagt er: „Erst bereitet man eine Idee vor, redet miteinande­r, und erst dann geht man mit der Umsetzung in die Öffentlich­keit. Vielen geht es aber mehr um die schnelle Schlagzeil­e.“Einen Bürgermeis­ter würde man postwenden­d auf der Straße einen Trottel schimpfen.

Mödlhammer war von 1986 bis 2013 Bürgermeis­ter der Gemeinde Hallwang, wo er noch heute lebt. 1992 wurde er Präsident des Salzburger Gemeindebu­nds und übernahm 1999 den Vorsitz des Österreich­ischen Gemeindebu­nds. Ihm folgt Alfred Riedl, Bürgermeis­ter der niederöste­rreichisch­en Gemeinde Grafenwört­h, nach.

Ambitionen für die Landes- oder Bundespoli­tik habe er nicht gehabt, sagt Mödlhammer: „Dieser Zwang zur Parteilini­e war nie meins.“Als Beobachter der Spitzenpol­itik war er stets für einen Sager gut – und wie es den Anschein macht, wird sich das nicht so schnell ändern.

„Das Bild ist fatal“

Nach „kritischer Beobachtun­g“, merkt der Neo-Pensionist an, werde er das Gefühl nicht los, dass die Regierung ein verfrühtes Ablaufdatu­m habe. „Es deutet vieles darauf hin, dass im Herbst neu gewählt werden muss. Ich würde mir zwar wünschen, dass wie geplant bis 2018 gearbeitet wird, aber so geht es nicht weiter. Das Bild in der Öffentlich­keit ist fatal.“

Und wen sieht er dann an der Spitze der ÖVP? „Eine Per- son, die das Vertrauen der Bürger genießt“, sagt er – und macht einen Punkt. Kein Kommentar zum aktuellen Parteichef Reinhold Mitterlehn­er kommt ihm über die Lippen, wohl aber zu Außenminis­ter Sebastian Kurz: „Er spricht Probleme an wie kein anderer, er hat das Ohr bei den Leuten.“Einem Kommunalpo­litiker wie Mödlhammer geht da das Herz auf.

An die Adresse von SPÖBundesk­anzler Christian Kern richtet er nur indirekt Kritik – mehr einen Wunsch: „Er sollte nicht vergessen, dass er Regierungs­chef ist. Und als solcher sollte er nicht nur seine eigene Stimme verlautbar­en, sondern für das gesamte Team stehen.“

 ??  ?? Helmut Mödlhammer geht in den Ruhestand, hat mit der Regierung aber noch ein Hühnchen zu rupfen
Helmut Mödlhammer geht in den Ruhestand, hat mit der Regierung aber noch ein Hühnchen zu rupfen

Newspapers in German

Newspapers from Austria