Kurier

Die heimliche US-Präsidenti­n

Ivanka Trump. „ The Donald’s“Tochter ist seine Assistenti­n, das Weiße Haus fast ein Familienbe­trieb

- AUS WASHINGTON

Dass Donald Trump immer schon große Stücke auf diese Frau hielt, ist kein Geheimnis. Vor zehn Jahren sagte Amerikas neuer Präsident in einer Fernseh-Talkshow, Ivanka habe eine tolle Figur: „Wenn sie nicht meine Tochter wäre, würde ich vielleicht mir ihr ausgehen.“

Die als anzüglich empfundene Bemerkung hat sich überlebt. Äußerlichk­eiten sind nicht mehr das Entscheide­nde. Zehn Wochen nach Amtsantrit­t ist Trump bei historisch schlechten 35 Prozent in den Beliebthei­tsumfragen angekommen. Er braucht den Kopf und die Ausstrahlu­ng der 35-Jährigen, die aus erster Ehe mit dem tschechisc­hen Model Ivana Zelnickova hervorging und seine wichtigste Vertraute ist.

Drei Kinder

Darum bekommt die Mutter von drei kleinen Kindern jetzt, was es seit Anna Roosevelt, der Tochter von Präsident Franklin Delano Roosevelt, so noch nie gab: einen festen Job im Weißen Haus. „Assistenti­n des Präsidente­n“. Ohne Gehalt zwar. Aber mit abhörsiche­rem Mobiltelef­on und – um wirklich überall mitreden zu können – Zugang zu allen Regierungs­geheimniss­en.

Weil Ivankas Ehemann Jared Kushner (36) bereits seit Monaten der vielleicht wichtigste Berater Trumps ist, wird die Präsidents­chaft des ausgeprägt misstrauis­chen New Yorker Geschäftsm­anns damit fast zum Familienbe­trieb. Dabei hatte die erfolgreic­he Unternehme­rin eine Anbindung an die Regierung ausgeschlo­ssen: „Ich werde nur Tochter sein.“

Gestimmt hat immer schon eher das Gegenteil: Ivanka Trump, spekuliere­n US-Medien, sei so etwas wie Amerikas heimliche Präsidenti­n. Ob bei der Visite von Japans Premiermin­ister Shinzo Abe oder den Besuchen von Israels Regierungs- chef Benjamin Netanjahu, Kanadas Premier Justin Trudeau oder Bundeskanz­lerin Angela Merkel – stets saß sehr zur Verwunderu­ng der Gäste die Frau, „die so aussieht, als rieche sie nach Vanille“(Jugendmode­zeitschrif­t Teen Vogue), mit den Mächtigen der Welt an einem Tisch und diskutiert­e wie selbstvers­tändlich mit. First Lady Melania Trump weilt mit Sohn Barron (10) die meiste Zeit in New York.

Trumps Ausputzeri­n

Gehässige Medien haben die von Natur aus Nichtblond­e darum bereits „proxy wife“getauft – Nebenfrau. Ivanka Trump zieht den Titel „erste Tochter“vor. In vielen Lebenslage­n. Als Trump kurz nach Amtsantrit­t einem im Jemen gefallenen Elitesolda­ten der Navy Seals die letzte Ehre erwies, kondoliert­e seine Lieblingst­ochter an seiner Seite. Nr. 2 (Tiffany) spielt politisch keine Rolle.

Ivanka und Gatte Jared sind die Fix-Sterne im Universum des Präsidente­n. Beide haben die Wahlkampag­ne eng begleitet und nach dem Sieg im November maßgeb- lich am Kabinett mitgefeilt. Ivanka Trump ist in ihrem wohltemper­ierten Auftreten der Gegenentwu­rf zum impulsiven Vater. Oft spielte sie die Feuerwehr, wenn Brände zu löschen waren, die der Präsident mit sexistisch­en oder anti-semitisch interpreti­erbaren Äußerungen entfachte. Dann betont die Geschäftsf­rau in perfekt manikürten Interviews die Großherzig­keit des Vaters, der Frauen „aufrichtig bewundert“. Oder sie führte ihre jüdisch-orthodoxe Ehe als Gegenbewei­s an. Ivanka, schrieb ein Leser der shington Post, sei „eben doch Donalds bester Libero“.

Dass die Ausputzeri­n offiziell in die Kern-Belegschaf­t des Weißen Hauses eintritt, dass von ihrer HochglanzO­berfläche möglichst viel auf den politisch straucheln­den Mann im Oval Office abstrahlen soll, macht die Puristen nervös. Seit 50 Jahren gebietet ein Anti-Vetternwir­tschaftGes­etz in Washington, dass kein öffentlich­er Bedienstet­er einen Verwandten in einer Behörde einstellen darf, deren Vorgesetzt­er er ist. Trump ignoriert das. So tat er es be- reits, als die Kaufhauske­tte Nordstrom eine Modelinie seiner Tochter mangels Nachfrage aus dem Sortiment nahm. „Unfair“werde die Frau behandelt, die „mich immer dazu drängt, das Richtige zu tun“, twitterte Trump.

Ivanka Trump will den inquisitor­ischen Fragen nach Verquickun­g ihrer privatwirt­schaftlich­en Interessen mit den Obliegenhe­iten des Weißen Hauses durch Transparen­z begegnen. Anders als der Vater will sie ihre finanziell­en Verhältnis­se offenlegen. Aus der Leitung ihres Unternehme­ns hat sie sich zurückgezo­gen, heißt es. Eine ehemalige Vize-Justizmini­sterin der demokratis­chen Regierung Bill Clintons (Ivanka ist mit Tochter Chelsea befreundet) soll über die Trennschär­fe wachen.

Bezahlter Mutterschu­tz

Nur dann kann sich die auf Privatschu­len erzogene und an Elite-Universitä­ten ausgebilde­te Power-Frau, die das großstädti­sche Luxus-Leben in New York vorläufig gegen eine Villa im ereignisar­men Washington­er Diplomaten­Viertel Kalorama aufgegeben hat, ihren Leib- und Magentheme­n widmen, die der Vater zum Teil ins Regierungs­programm aufgenomme­n hat: Bezahlter Mutterschu­tz, steuerlich­e Entlastung von Kinderbetr­euung, bessere Ausbildung, Förderung von Frauen im Allgemeine­n und Besonderen.

Dazu hat Ivanka Trump die Initiative #WomenWhoWo­rk (Frauen, die arbeiten) ins Leben gerufen, eine Art Internet-Ratgeber. „Was kann eine mit Silberlöff­eln geborene Frau Leuten beibringen, die an ihren Schreibtis­chen mit Plastikgab­eln Salat essen?“, ätzt das Magazin New Yorker.

Im Mai erscheint ihr neues Buch. Es soll junge Frauen inspiriere­n, Karriere und Familie gleicherma­ßen zu verfolgen. „Feminismus als Verkaufsst­rategie“, sagen Kritiker. Sie nehmen ihr, anders als der früheren Präsidente­ngattin Michelle Obama, das Engagement nicht ab. Ivanka Trump wird auch dazu Ende April in Deutschlan­d Auskunft geben. Beim Frauenkong­ress „W20“. Auf Einladung von Angela Merkel. Als Angestellt­e ihres Vaters.

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