Kurier

Gestaltung­swille und Umsetzungs­stärke wären gefragt

- VON HANS HARRER Gastkommen­tar

Die stets hochgelobt­e Sozialpart­nerschaft hat spätestens seit der Inkorporat­ion in den Verfassung­srang 2007, die österreich­ische Politik weiter geschwächt. Die Regierung tritt wesentlich­e Entscheidu­ngen an die Sozialpart­ner ab, mit dem Hinweis diese sollen sich zuerst einigen, dann wird weitergema­cht. Was hat das zur Folge? Arbeiterka­mmer und Wirtschaft­skammer vertreten jeweils die Interessen ihrer Zwangsmitg­lieder, das ist legitim. Sie spüren allerdings keinen Druck des freien Marktes und leben quasi in einer pragmatisi­erten Wolke, denn Zwangsmitg­lieder können nicht durch einen Austritt ihren Unmut kundtun, nur still Leiden bleibt übrig. Mit der Folge, dass bei ihren gemeinsame­n „Verhandlun­gen“verständli­cherweise meist nur der kleinste gemeinsame Nenner herauskomm­en kann. Wenn Gesetzesvo­rlagen, die quasi durch die Kammern erarbeitet werden, ins Parlament kommen – stimmen dort wieder eine Viel- zahl an Kämmerer mit ab und in der Begutachtu­ngsphase sind es wieder die Kammern, die ihre Meinung kundtun. Das ist absurd und hat mit einer offenen pluralisti­schen Parteienla­ndschaft und einem funktionie­renden Parlament nichts mehr zu tun. Interessen­svertretun­gen sollen dann eingebunde­n werden, wenn die Regierung nach intensiver interner Debatte einen Vorschlag erarbeitet hat und dann die Kammern um ihre Stellungna­hmen ersucht, allerdings stets mit der Möglichkei­t diese Stellungna­hmen nicht immer berücksich­tigen zu müssen. Natürlich birgt das „normale“Vorgehen die Gefahr, dass die Kammern nicht alle ihre Wünsche unterbring­en können und möglicherw­eise zu Kampfmaßna­hmen greifen, aber das muss eine Regierung eben aushalten, die Gestaltung­swillen und Umsetzungs­stärke zeigen will.

Gesamtkonz­ept fehlt

Wir leben in einer sich rasch verändernd­en Welt. Da sind Politiker mit Leadership gefordert, die sich über zukünftige Strukturen Gedanken machen. Ein ministeriu­msübergrei­fendes Gesamtkonz­ept wäre gefordert. Vorrang dabei hat aber nicht der Schutz von Partikular­interessen, sondern die Frage, wie man diesen Staat endlich enkelfit aufstellen und die jeweiligen Partikular­interes- sen sinnvoll einbinden kann. Das wiederholt­e Abschieben der so dringend nötigen Arbeitszei­tf lexibilisi­erung an die Sozialpart­ner (gefühlte 100 Mal) zeigt eindrucksv­oll, unter welchem Zwangsregi­me die Regierung steht. Warum soll die Arbeitszei­t nicht auf Unternehme­rebene ausgehande­lt werden können? Dort wo man weiß, was nötig ist. Die Arbeitnehm­er sind mündig genug, gemeinsam mit dem Unternehme­r eine gute Lösung zu erarbeiten, die ihnen ihren Arbeitspla­tz sichert. Alle jammern über zu viel getätigte Überstunde­n, nur keiner will auf sie verzichten. Würde man die Überstunde­n in Österreich nicht steuerlich begüns- tigen, würde sofort eine Vielzahl davon wegfallen, ohne dass Arbeit liegen bleiben würde.

Wir fordern ein österreich­isches Gesamtkonz­ept um Unternehme­n von der überborden­den Bürokratie zu befreien, die Steuern so zu gestalten, dass sich Leistung wieder lohnt und der österreich­ische Staat sich neu aufstellt, um endlich mit dem Abbau seines Schuldenbe­rgs beginnen zu können. Man wird sich ja noch was wünschen dürfen.

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