Kurier

Wie ein blankgeput­zter Knochen in Marokko

Denen man vergibt. Gäste bringen Leiche mit

- – P.PISA

Unter den nahezu unbekannte­n Schriftste­llern ist der Brite Lawrence Osborne bestimmt einer der alleraller­besten.

Jetzt scheint der 58-Jährige in Thailand zur Ruhe gekommen zu sein. Aber er führte das Leben eines Nomaden. Nomaden sind unverdorbe­n. So heißt es.

Seine Reportagen aus aller Welt erschienen in der New York Times, in Vogue und The New Yorker. Von den bisher fünf Romanen, in denen sich Osborne Reisende in fremder Umgebung mit dem Skalpell genauer anschaut, ist soeben zum ersten Mal einer ins Deutsche übersetzt worden.

Wir werden sehen ...

„Denen man vergibt“führt nach Marokko. Dort, wo der Rand der Wüste weiß ist, hat ein reiches Paar mit schlechtem Geschmack – der Richard und der Dally – ein ganzes Dorf gekauft und herrichte lassen, mit einem Schloss in der Mitte.

Die Zwei schmeißen eine Party, und schon die Anreise zu dem dreitägige­n Fest aus Amerika, Frankreich, England soll ein Teil des Vergnügens sein.

Von wegen! Die britischem Eheleute David und Jo kommen mit einer Leiche im Auto an. David – Arzt und Alkoholike­r – hat einen jungen Marokkaner, einen Fosilienve­rkäufer, überfahren. Ein Albtraum.

Der Vater des Toten verlangt, dass David am Begräbnis in der Wüste teilnimmt ... und das marokkanis­che Sprichwort gilt auch für die Leser:

„Ghanchoufo­u achno mkhebilina ghedda“(Wir werden sehen, was der morgige Tag bringt).

Es gibt – trotzdem – jede Menge Kokain, Lamm-Tajine, Mangoldsal­at, Champagner und Musik. Doch ändert das überhaupt nichts daran, dass Lawrence Osborne viel Zeit aufgewende­t hat, damit seine flirrende, makabere Geschichte wie ein blankgeput­zter Knochen vor uns liegt. Kein Wort ist zuviel.

Man sagt, Osbornes (für ihn gar nicht unerreichb­are) Helden sind Graham Greene und Paul Bowles („Himmel über der Wüste“). Gegen Patricia Highsmith scheint er aber auch nichts zu haben.

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