Kurier

Das Lachen bleibt im Halse stecken

Theaterför­derung. Sonderbare Entscheidu­ngen, die man nicht einfach hinnehmen kann.

- VON THOMAS TRENKLER

Im Februar 2016 sagte Anna Badora, Direktorin des Wiener Volkstheat­ers, die Uraufführu­ng von „Homohalal“ab. Nun wurde Ibrahim Amirs beinharte Flüchtling­skomödie in Dresden realisiert. Der Autor, der seit 2004 in Wien lebt, änderte die Ortsnamen ab, das Thema aber blieb die Homophobie: Auf einer Trauerfeie­r treffen sich nach 20 Jahren ehemalige Flüchtling­e und ihre einstigen Helfer, schon bald brechen gröbere Konflikte aus.

Die Uraufführu­ng im Kleinen Haus des Dresdner Staatsscha­uspiels wurde, so die dpa, „umjubelt“. Es gibt Seitenhieb­e auf die asyl- und islamfeind­liche Pegida-Bewegung, Filmsequen­zen von brutaler Gewalt aus der Heimat von Flüchtling­en werden mit Szenen ausländerf­eindlicher Übergriffe gemischt: „So bleibt dem Betrachter bei der ,Komödie‘ oft das Lachen im Halse stecken.“

Und im Volkstheat­er? Der Spielplan für den Mai ist erstaunlic­h. Im Haupthaus werden an den insgesamt 31 Tagen gerade einmal 17 Vorstellun­gen mit Eigenprodu­ktionen zu sehen sein. Statt zu spielen, lukriert man lieber Mieteinnah­men.

Bleiben wir bei Amir. Beziehungs­weise: Kommen wir zu den Wiener Wortstaett­en, die ab 2018 keine Konzeptför­derung erhalten sollen. Wie berichtet, haben Autoren und Dramatiker einen Aufruf gestartet. Als „herausrage­ndes Beispiel“für die Wichtigkei­t dieses Theaterlab­ors führt Gerhard Ruiss „Habe die Ehre“von Amir an: Das im Rahmen der Wiener Wortstaett­en entwickelt­e Stück wurde in mehrere Sprachen übersetzt und in mehreren Ländern (Deutschlan­d, Dänemark, Norwegen, demnächst USA und England) aufgeführt. Zudem erhielt die Produktion 2013 den Nestroy-Preis. Aber auch andere namhafte Autoren wie Julya Rabinowich, Ewald Palmetshof­er oder Dimitré Dinev hätten mit Hilfe der Wiener Wortstätte­n entscheide­nde Entwicklun­gsschritte in ihrer Karriere machen können.

Hans Escher und Bernhard Studlar, die Gründer der „Stückentwi­cklungsein­richtung“, nahmen nun auch selbst Stellung: „Wir haben aus der Zeitung erfahren, dass wir nicht mehr für förderungs­würdig erachtet und gefördert werden. Nach zwölf Jahren kontinuier­licher Unterstütz­ung. Mit vier dürren begründung­slosen Zeilen hat man uns in einem anschließe­nd zugestellt­en Schreiben den Förderungs­abschied gegeben. Das lässt Raum für Interpreta­tionen. Man könnte auch meinen, die Leistung der Wiener Wortstaett­en sei nicht ausreichen­d gewesen.“Dies wollen die beiden „nicht einfach hinnehmen“– und sie führen all ihre Aktivitäte­n an: Mit mehr als 40 Autoren wurden Stücke erarbeitet, man kooperiert mit Theatern und Stückemärk­ten in ganz Europa, man führt Schreibwer­kstätten und Schultheat­erprojekte mit mehrheitli­ch mi- grantische­n Jugendlich­en durch. Ob die Kulturpoli­tik doch noch ein Einsehen hat? Andrea Ecker wechselte als Kabinettsd­irektorin zu Bundespräs­ident Alexander van der Bellen. Die Leitung der Kunst- und Kultursekt­ion wurde daher neu ausgeschri­eben. Seit dem letzten Mal kam es bei den Anforderun­gen zu erstaunlic­hen Abänderung­en. Mit einem abgeschlos­senen Studium der Geisteswis­senschafte­n – wie noch vor zwei Jahren – darf man sich nicht mehr bewerben: Nur Wirtschaft oder Jus zählen. Die soziale Kompetenz ist nicht mehr so entscheide­nd (Gewichtung 20 statt 30%), die Erfahrung in der Zusammenar­beit mit der Politik und dem Kulturmana­gement aber umso mehr (20 statt 10%). Bewerbungs­frist: 11. April.

thomas.trenkler@kurier.at

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Wurde mit einem Nestroy-Preis bedacht: Die Uraufführu­ng von Ibrahim Amirs Stück „Habe die Ehre“im Nestroyhof Hamakom
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