Welche Informationen vernetzte Autos über ihre Fahrer sammeln
Krieg um Daten. Moderne Autos sind mit Sensoren ausgestattet. Diese zeichnen mehr auf, als man denkt.
„Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass es manchen Herstellern sogar möglich ist, den Ladezyklus bei EAutos aus der Ferne zu unterbrechen“, erklärt Oliver Schmerold, ÖAMTC-Verbandsdirektor, im Gespräch mit dem KURIER. Außerdem auslesbar sind heutzutage bei einigen Automarken Informationen darüber, wie schnell man gefahren ist, welche Musik man gehört hat, wie oft Fahrerassistenzsysteme eingegriffen haben oder wie viele Personen im Auto angegurtet waren.
Schmerold sieht darin eine große Gefahr: „Sogar wie oft eine DVD ins Laufwerk geschoben wird, wird ausgelesen. Ich frage mich, wozu muss der Hersteller das wissen?“Bei einigen Automarken würden zudem alle gesammelten Daten in einem Zwei-Minuten-Intervall automatisch an den Hersteller übertragen.
Vertragsklauseln
Käufer der Hersteller von vernetzten Autos unterschreiben die Zustimmung zur Nutzung dieser Daten derzeit zusammen mit dem Kaufvertrag. Dabei gilt: Alles oder nichts. Wer unterschreibt stimmt zu, dass die Daten vom Autohersteller gespeichert und übertragen werden dürfen.
Laut Schmerold argumentieren die Autohersteller damit, dass die Kunden Wahlfreiheit beim Autokauf haben und sich jederzeit für eine andere Marke entscheiden könnten. Der ÖAMTC fordert hingegen Wahlfreiheit für Konsumenten bei der Datennutzung. „Fahrzeugdaten sind in hohem Maße personalisiert. Mit wenigen Klicks kann ausgelesen werden, wer in einem Fahrzeug gesessen ist“, sagt der ÖAMTC-Experte. Neben der Wahlfreiheit für Konsumenten fordert der Autofahrerclub auch ein Recht auf freie Servicewahl bei den Werkstätten. Autohersteller von vernetzten Autos bestimmen nämlich immer häufiger auch darüber, wo die Fahrzeuge repariert werden können. Oft ist dies nur noch in teureren Vertragswerkstätten möglich.
Mit dem Einstieg von Google und Apple in den Automobilmarkt wird dieses datengetriebene Geschäftsmodell auch in dieser Branche noch zunehmen. Bei Googles „Android Auto“(in den USA verfügbar) werden bereits viele Daten an den Konzern übertragen. Auch diese Unternehmen wollen in dem attraktiven Markt mitmischen. „Die gesetzlichen Regelungen zur Datensammlung bei Autos stecken im Gegensatz zur technischen Reife noch in den Kinderschuhen“, sagt Schmerold. Viktor Mayer-Schönberger, Datenexperte von der Oxford Universität, sieht hingegen beim Datensammeln mehr Chancen als Risiken. „Es ist immer besser mehr zu wissen, als zu wenig. Wir müssen Big Data als Chance verstehen, um bessere Entscheidungen treffen zu können.“So könne man etwa an einer Stelle, an der besonders viele Unfälle vorkommen, sich den Straßenabschnitt in Kombination mit den Fahrzeugdaten genauer ansehen und analysieren, unter welchen Bedingungen die Stelle besonders gefährlich sei, so Mayer- Schönberger. „Es ist wichtig, Daten nicht nur zu sammeln, sondern diese auch verantwortungsvoll zu nutzen.“
Pannen-Vorhersage
Der ÖAMTC testet laut Schmerold gerade in einem Pilotprojekt, ob man Pannen anhand von bestimmten Algorithmen vorhersehen kann. „Das würde dann dazu führen, dass ein Auto nicht gerade dann liegen bleibt, wenn man voll besetzt mit seiner Familie auf Urlaub fährt, sondern es bereits vorher entsprechend gewartet wird“, sagt der ÖAMTC-Verbandschef.
Beide Experten sind überzeugt, dass die Sammlung der Daten nicht nur negative Konsequenzen haben wird. Die Nutzung der Daten gehöre aber besser geregelt. Laut Mayer-Schönberger wären Autohersteller gut beraten, von sich aus für mehr Transparenz bei der Datennutzung zu sorgen. „Nur so können sie das Vertrauen in ihre Produkte erhalten.“
„Mit wenigen Klicks kann ausgelesen werden, wer im Fahrzeug gesessen ist.“ Oliver Schmerold ÖAMTC-Chef