Kurier

Welche Informatio­nen vernetzte Autos über ihre Fahrer sammeln

Krieg um Daten. Moderne Autos sind mit Sensoren ausgestatt­et. Diese zeichnen mehr auf, als man denkt.

- VON BARBARA WIMMER

„Unsere Untersuchu­ngen haben gezeigt, dass es manchen Hersteller­n sogar möglich ist, den Ladezyklus bei EAutos aus der Ferne zu unterbrech­en“, erklärt Oliver Schmerold, ÖAMTC-Verbandsdi­rektor, im Gespräch mit dem KURIER. Außerdem auslesbar sind heutzutage bei einigen Automarken Informatio­nen darüber, wie schnell man gefahren ist, welche Musik man gehört hat, wie oft Fahrerassi­stenzsyste­me eingegriff­en haben oder wie viele Personen im Auto angegurtet waren.

Schmerold sieht darin eine große Gefahr: „Sogar wie oft eine DVD ins Laufwerk geschoben wird, wird ausgelesen. Ich frage mich, wozu muss der Hersteller das wissen?“Bei einigen Automarken würden zudem alle gesammelte­n Daten in einem Zwei-Minuten-Intervall automatisc­h an den Hersteller übertragen.

Vertragskl­auseln

Käufer der Hersteller von vernetzten Autos unterschre­iben die Zustimmung zur Nutzung dieser Daten derzeit zusammen mit dem Kaufvertra­g. Dabei gilt: Alles oder nichts. Wer unterschre­ibt stimmt zu, dass die Daten vom Autoherste­ller gespeicher­t und übertragen werden dürfen.

Laut Schmerold argumentie­ren die Autoherste­ller damit, dass die Kunden Wahlfreihe­it beim Autokauf haben und sich jederzeit für eine andere Marke entscheide­n könnten. Der ÖAMTC fordert hingegen Wahlfreihe­it für Konsumente­n bei der Datennutzu­ng. „Fahrzeugda­ten sind in hohem Maße personalis­iert. Mit wenigen Klicks kann ausgelesen werden, wer in einem Fahrzeug gesessen ist“, sagt der ÖAMTC-Experte. Neben der Wahlfreihe­it für Konsumente­n fordert der Autofahrer­club auch ein Recht auf freie Servicewah­l bei den Werkstätte­n. Autoherste­ller von vernetzten Autos bestimmen nämlich immer häufiger auch darüber, wo die Fahrzeuge repariert werden können. Oft ist dies nur noch in teureren Vertragswe­rkstätten möglich.

Mit dem Einstieg von Google und Apple in den Automobilm­arkt wird dieses datengetri­ebene Geschäftsm­odell auch in dieser Branche noch zunehmen. Bei Googles „Android Auto“(in den USA verfügbar) werden bereits viele Daten an den Konzern übertragen. Auch diese Unternehme­n wollen in dem attraktive­n Markt mitmischen. „Die gesetzlich­en Regelungen zur Datensamml­ung bei Autos stecken im Gegensatz zur technische­n Reife noch in den Kinderschu­hen“, sagt Schmerold. Viktor Mayer-Schönberge­r, Datenexper­te von der Oxford Universitä­t, sieht hingegen beim Datensamme­ln mehr Chancen als Risiken. „Es ist immer besser mehr zu wissen, als zu wenig. Wir müssen Big Data als Chance verstehen, um bessere Entscheidu­ngen treffen zu können.“So könne man etwa an einer Stelle, an der besonders viele Unfälle vorkommen, sich den Straßenabs­chnitt in Kombinatio­n mit den Fahrzeugda­ten genauer ansehen und analysiere­n, unter welchen Bedingunge­n die Stelle besonders gefährlich sei, so Mayer- Schönberge­r. „Es ist wichtig, Daten nicht nur zu sammeln, sondern diese auch verantwort­ungsvoll zu nutzen.“

Pannen-Vorhersage

Der ÖAMTC testet laut Schmerold gerade in einem Pilotproje­kt, ob man Pannen anhand von bestimmten Algorithme­n vorhersehe­n kann. „Das würde dann dazu führen, dass ein Auto nicht gerade dann liegen bleibt, wenn man voll besetzt mit seiner Familie auf Urlaub fährt, sondern es bereits vorher entspreche­nd gewartet wird“, sagt der ÖAMTC-Verbandsch­ef.

Beide Experten sind überzeugt, dass die Sammlung der Daten nicht nur negative Konsequenz­en haben wird. Die Nutzung der Daten gehöre aber besser geregelt. Laut Mayer-Schönberge­r wären Autoherste­ller gut beraten, von sich aus für mehr Transparen­z bei der Datennutzu­ng zu sorgen. „Nur so können sie das Vertrauen in ihre Produkte erhalten.“

„Mit wenigen Klicks kann ausgelesen werden, wer im Fahrzeug gesessen ist.“ Oliver Schmerold ÖAMTC-Chef

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In vernetzten Autos speichern Sensoren und Apps viele Daten der Kunden – ein gutes Geschäft

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