Kurier

1000 Liter Wein und ein paar Kieselstei­ne

ROMY-Nominierun­g. Raimund Wallisch im Gespräch über „Nacktschne­cken“, Theater und die Arbeit mit David Schalko.

- VON CHRISTOPH SILBER

Für Raimund Wallisch war Michael Glawoggers „Nacktschne­cken“(0.15, ORFeins) der Eintritt in die bis dahin fremde heimische Filmwelt: Mao (Pia Hierzegger), Max (Michael Ostrowski) und Johann (Raimund Wallisch) meistern eher ambitionsl­os ihr poststuden­tisches Leben in Graz. Das Angebot, ein selbst gestrickte­s Sexvideo zu drehen, klingt für die drei Freunde nach Geld, Sex und Spaß. Sie ahnen nicht, worauf sie sich da einlassen ...

2004 war’s und Wallisch noch sehr von den Bühnenjahr­en davor geprägt. „Im Theater muss man den Raum beherrsche­n. Das erfordert eine ganz andere Körperlich­keit. Film ist im Vergleich dazu Millimeter-Arbeit. Glawogger hat beim Dreh immer wieder gerufen: ,Weniger, weniger!‘ und ich meinte, dass ich schon gar nichts mehr tue“, erzählt Wallisch.

Zum Gewöhnen an die neuen Anforderun­gen hatte der in Attendorf bei Graz als Binder vulgo Wallisch Aufgewachs­ene bald jede Möglichkei­t. Ab 2004 gehörte er zum Fixcast von „Vier Frauen und ein Todesfall“. „Manche Kollegen empfanden das als ein Wegwerfen ans Fernsehen. Aber das war mir egal. Denn Fernsehen kann sehr viel, zum Beispiel Serie. Da hat man als Schauspiel­er die Möglichkei­t, eine Figur über längere Zeit zu entwickeln. Und welchen Hype eine Serie auslösen kann, hat meine Generation schon bei ,Twin Peaks‘ gesehen.“Dazu kommen rationale Gründe. „Mit ein paar Drehtagen im Jahr überlebt es sich leichter.“Sonst sei auch bei ihm „Kieselstei­ne-Lutschen“angesagt.

Sein Leben vor der Kamera geprägt hat die Arbeit mit Regisseur David Schalko: „Aufschneid­er“, „Braunschla­g“, der Kinofilm „Wie man leben soll“, „Altes Geld“und zuletzt der Wiener Landkrimi „Höhenstraß­e“, der Wallisch die erste ROMY-Nominierun­g eingebrach­t hat. „Ich war immer dabei, aber ich weiß nicht warum. Klar ist, dass es eine große gegenseiti­ge Wertschätz­ung gibt.“

Flüchtiger Ruhm

Mit Glawogger habe er sich öfter ausgetausc­ht, aber außer noch in ,Contact High‘ sei er nicht besetzt worden. „Bei Schalko ist es genau umgekehrt. Von ihm höre und sehe ich lange nichts, bis sein Anruf und die Frage kommt, ob ich mitspiele.“„Höhenstraß­e“wurde jüngst beim Krimifesti­val in Wiesbaden ausgezeich­net. Dafür gab es 1000 Liter Wein für die Produktion. „Da hat man zwar was davon, aber es ist ein f lüchtiger Ruhm. Eine ROMY, die wird vielleicht staubig, aber bleibt.“

Wallisch sieht sich an einer Weggabelun­g. Denn vom Selbstvers­tändnis her war er immer Bühnen-Schauspiel­er – seit der ersten Krippenspi­elErfahrun­g. Ausgebilde­t an der Accademia Teatro Dimitri im Tessin, ist der 48-Jährige von der Brecht-Schule geprägt. Nach Österreich zurück ist er nur, weil ein Kollege ein Projekt platzen ließ. In Graz traf er Einar Schleef, der für den Steirische­n Herbst ei-

ne Inszenieru­ng vorbereite­te – die nie zustande kam. Stattdesse­n schwemmte es ihn zu Schleef ans Burgtheate­r, „bis unter Bachler alle, die kürzer als fünf Jahre dort waren, gehen mussten.“

Selbstmach­en

1999 gründete Wallisch die freie muunkompan­ie, war dort Autor, Regisseur Schauspiel­er, Produzent und stellte bekannte Stoffe als neue Stücke auf die Kleinbühne­n des Landes – vom „Kaufmann von Venedig“bis „Casanova“.

Und dieses Selbstmach­en hat Wallisch jetzt wieder. Vielleicht ein neues Theater-Projekt, ein nächster DrehbuchVe­rsuch, ein eigener Film – die Überlegung­en sind noch nicht abgeschlos­sen. „Außerdem: Macht man das eine, fehlt einem das andere.“Aber Wallisch weiß noch anderes: „Ich renoviere die Wohnung. Ich habe mir da etwas eingebilde­t und das mache ich jetzt ohne Rücksicht auf Verluste.“

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romy.at
 ??  ?? David Schalkos „Höhenstraß­e“führt Raimund Wallisch (48) direkt in die Hofburg zur ROMY-Gala
David Schalkos „Höhenstraß­e“führt Raimund Wallisch (48) direkt in die Hofburg zur ROMY-Gala

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