Schlamm-Catchen bei den Grünen
Kein Ende im Streit um Partei-Jugend. Chefin Eva Glawischnig sagt nach Allergie-Attacke Termine ab.
Was kostet es wohl, wenn sich ein halbes Dutzend ambitionierter Nachwuchspolitiker für zwei Tage in ein Hotel einmietet, um sich von einem Trainer in die Techniken des Neurolinguistischen Programmierens, kurz NLP, einführen zu lassen? 1000 Euro? 2000, vielleicht 3000 Euro?
In Tagen wie diesen interessiert sich die Grüne Bundespartei ausnehmend genau für die Tagsätze von zertifizierten NLP-Trainern. Der Grund dafür ist ziemlich unerfreulich: Die bei der Bundespartei in Ungnade gefallene Führung der „Jungen Grünen“soll mehr als 10.000 Euro (!) für ein zweitägiges NLPSeminar ausgegeben haben. Die interne Revision prüfe bereits, heißt es.
Klingt wie Propaganda? Vielleicht ist es das.
Warum Geschichten wie diese in Grünen Parteikreisen überhaupt kolportiert werden, hat einen simplen Grund: Bei der Öko-Partei ist ein seit Monaten schwelender Konflikt nun derart eskaliert, dass ihr ein zermürbender „ Stellungskrieg“(© Karl Öllinger) droht. Und bei sol- chen Anlässen wird gerne mit allen Mitteln gearbeitet.
Wer in der tobenden Schlacht den Überblick verloren hat: Die Bundespartei hat den „Jungen Grünen“die politische Freundschaft und damit die Unterstützung gestrichen. Der Anlass: Sie wollen bei den StudentenWahlen in Linz und Graz eine Splittergruppe unterstützen – eine Konkurrenz zu den offiziellen Grün-Alternativen Studenten sozusagen.
Das „Problem“dabei: Die Jungen Grünen sind formal eine der mitgliederstärksten Teil-Organisationen, und sie haben – auch das ist unbestritten – zuletzt etwa bei der Wahl Alexander van der Bellens bewiesen, dass sie vorzüglich mobilisieren.
Wissend, dass gegen diese motivierte Masse keine Politik gemacht werden darf, haben am Dienstag Vorarlbergs Grüne einen bemerkenswerten Schritt getan: Sie haben sich mit den Jungen Grünen solidarisiert – freilich nur auf Landesebene.
Das bedeutet: Die Vorarlberger Jungen Grünen werden mit den Vorarlberger Grünen weiter zusammenarbeiten, und sie sind damit nicht die Einzigen: Auch in Tirol und anderen Bundesländern wird daran gearbeitet, die lokalen Jungen Grünen bei der Stange zu halten.
Das Kalkül dahinter: Die „kleinen“Sympathisanten in Bezirk und Land sollen nicht vergrault werden.
Machtbewusst
Womit wir bei der größten Herausforderung für die Bundespartei und Parteichefin Eva Glawischnig wären: dem Führungszirkel der Jungen Grünen. Der kleine Kreis um Flora Petrik wird von der Bundespartei als abgehoben und sehr machtbewusst dargestellt. Und zumindest der zweite Teil dieser Behauptung wird vielerorts geteilt.
„Seit 2011 haben sich die Jungen Grünen in Bezirksund Landesparteien sowie in der Grünen Bildungswerkstatt positioniert, um Einf luss auf die Bundespartei nehmen zu können“, heißt es in den Geschäftszentralen der Landesparteien Vorarlberg, Tirol und Wien.
Während Petrik noch vor zwei Tagen auf einem KrisenGipfel ihren Getreuen versi- cherte, dass es ihr „nie um Posten ging“, und dass die Bundespartei und Glawischnig bloß an „Paranoia“leiden würden, sind sich die Länder-Grünen weitgehend sicher: Die Jungen Grünen haben zielstrebig daran gearbeitet, der Partei ihren Stempel aufzudrücken und sie mittel- bis langfristig zu übernehmen. Warum sonst engagiert man NLP-Trainer und lässt sich – ganz untypisch für Grüne Jungfunktionäre – sogar von einer Agentur beraten?
Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik versucht jedenfalls Petrik auszubremsen und direkt an ihre JungFunktionäre heranzukommen. „Die Führungsriege der Jungen Grünen war immer auf Eskalation aus“, sagt Luschnik zum KURIER. „Wir wollen den jungen Aktivisten ein Angebot machen und mit ihnen eine neue Plattform für Grüne Politik machen.“
Parteichefin Glawischnig ist dabei vorerst außen vor und muss kürzertreten. Nach einem allergischen Schock hat sie amDienstag alle Termine abgesagt.
Wie heißt es so schön: Wenn’s kommt, dann kommt’s ordentlich.