Kurier

Schlamm-Catchen bei den Grünen

Kein Ende im Streit um Partei-Jugend. Chefin Eva Glawischni­g sagt nach Allergie-Attacke Termine ab.

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Was kostet es wohl, wenn sich ein halbes Dutzend ambitionie­rter Nachwuchsp­olitiker für zwei Tage in ein Hotel einmietet, um sich von einem Trainer in die Techniken des Neurolingu­istischen Programmie­rens, kurz NLP, einführen zu lassen? 1000 Euro? 2000, vielleicht 3000 Euro?

In Tagen wie diesen interessie­rt sich die Grüne Bundespart­ei ausnehmend genau für die Tagsätze von zertifizie­rten NLP-Trainern. Der Grund dafür ist ziemlich unerfreuli­ch: Die bei der Bundespart­ei in Ungnade gefallene Führung der „Jungen Grünen“soll mehr als 10.000 Euro (!) für ein zweitägige­s NLPSeminar ausgegeben haben. Die interne Revision prüfe bereits, heißt es.

Klingt wie Propaganda? Vielleicht ist es das.

Warum Geschichte­n wie diese in Grünen Parteikrei­sen überhaupt kolportier­t werden, hat einen simplen Grund: Bei der Öko-Partei ist ein seit Monaten schwelende­r Konflikt nun derart eskaliert, dass ihr ein zermürbend­er „ Stellungsk­rieg“(© Karl Öllinger) droht. Und bei sol- chen Anlässen wird gerne mit allen Mitteln gearbeitet.

Wer in der tobenden Schlacht den Überblick verloren hat: Die Bundespart­ei hat den „Jungen Grünen“die politische Freundscha­ft und damit die Unterstütz­ung gestrichen. Der Anlass: Sie wollen bei den StudentenW­ahlen in Linz und Graz eine Splittergr­uppe unterstütz­en – eine Konkurrenz zu den offizielle­n Grün-Alternativ­en Studenten sozusagen.

Das „Problem“dabei: Die Jungen Grünen sind formal eine der mitglieder­stärksten Teil-Organisati­onen, und sie haben – auch das ist unbestritt­en – zuletzt etwa bei der Wahl Alexander van der Bellens bewiesen, dass sie vorzüglich mobilisier­en.

Wissend, dass gegen diese motivierte Masse keine Politik gemacht werden darf, haben am Dienstag Vorarlberg­s Grüne einen bemerkensw­erten Schritt getan: Sie haben sich mit den Jungen Grünen solidarisi­ert – freilich nur auf Landeseben­e.

Das bedeutet: Die Vorarlberg­er Jungen Grünen werden mit den Vorarlberg­er Grünen weiter zusammenar­beiten, und sie sind damit nicht die Einzigen: Auch in Tirol und anderen Bundesländ­ern wird daran gearbeitet, die lokalen Jungen Grünen bei der Stange zu halten.

Das Kalkül dahinter: Die „kleinen“Sympathisa­nten in Bezirk und Land sollen nicht vergrault werden.

Machtbewus­st

Womit wir bei der größten Herausford­erung für die Bundespart­ei und Parteichef­in Eva Glawischni­g wären: dem Führungszi­rkel der Jungen Grünen. Der kleine Kreis um Flora Petrik wird von der Bundespart­ei als abgehoben und sehr machtbewus­st dargestell­t. Und zumindest der zweite Teil dieser Behauptung wird vielerorts geteilt.

„Seit 2011 haben sich die Jungen Grünen in Bezirksund Landespart­eien sowie in der Grünen Bildungswe­rkstatt positionie­rt, um Einf luss auf die Bundespart­ei nehmen zu können“, heißt es in den Geschäftsz­entralen der Landespart­eien Vorarlberg, Tirol und Wien.

Während Petrik noch vor zwei Tagen auf einem KrisenGipf­el ihren Getreuen versi- cherte, dass es ihr „nie um Posten ging“, und dass die Bundespart­ei und Glawischni­g bloß an „Paranoia“leiden würden, sind sich die Länder-Grünen weitgehend sicher: Die Jungen Grünen haben zielstrebi­g daran gearbeitet, der Partei ihren Stempel aufzudrück­en und sie mittel- bis langfristi­g zu übernehmen. Warum sonst engagiert man NLP-Trainer und lässt sich – ganz untypisch für Grüne Jungfunkti­onäre – sogar von einer Agentur beraten?

Bundesgesc­häftsführe­r Robert Luschnik versucht jedenfalls Petrik auszubrems­en und direkt an ihre JungFunkti­onäre heranzukom­men. „Die Führungsri­ege der Jungen Grünen war immer auf Eskalation aus“, sagt Luschnik zum KURIER. „Wir wollen den jungen Aktivisten ein Angebot machen und mit ihnen eine neue Plattform für Grüne Politik machen.“

Parteichef­in Glawischni­g ist dabei vorerst außen vor und muss kürzertret­en. Nach einem allergisch­en Schock hat sie amDienstag alle Termine abgesagt.

Wie heißt es so schön: Wenn’s kommt, dann kommt’s ordentlich.

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JUERG CHRISTANDL
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Abstimmung bei den Jungen Grünen: Zumindest auf Länder-Ebene versucht die Partei den Nachwuchs gewogen zu halten
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Führungsri­ege: Laut der geschasste­n Jung-Grünen Flora Petrik plagt diese „Paranoia“
 ??  ?? Grüne Studenten: Wer gegen sie ist, ist gegen uns, sagt der Bund
Grüne Studenten: Wer gegen sie ist, ist gegen uns, sagt der Bund

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