ABB kauft groß in Oberösterreich ein
Die Eigentümer des Automatisierungsspezialisten B&R werden mit dem Deal Milliardäre
Die Zahl der Dollar-Milliardäre in Österreich dürfte bald von acht auf zehn steigen. Nach dem Verkauf des oberösterreichischen Industrieautomatisierungsunternehmens B&R an den Schweizer Elektronik-Riesen ABB werden dessen Eigentümerfamilien Bernecker und Rainer wahrscheinlich ex aequo auf Platz neun der Forbes- Liste der reichsten Österreicher aufscheinen. Denn ABB zahlt laut Markt-Schätzungen rund 1,8 Milliarden Euro für das Technologie-Unternehmen in der oberösterreichischen Marktgemeinde Eggelsberg (Bezirk Braunau). Über den tatsächlichen Preis schweigen sich beide aus.
Mit der Übernahme will ABB – erklärte Konzernchef Ulrich Spiesshofer am Dienstag – zum Komplettanbieter für Industrieautomation werden: „Strategisch gesehen ist das der wichtigste Deal, den ABB jemals gemacht hat.“Denn das im Vergleich zu ABB kleine Unternehmen B&R schließe „die historische Lücke in unserem Automationsangebot“.
Massiver Ausbau
Entsprechend ehrgeizige Pläne hat ABB mit der Neuerwerbung: B&R wird am Stammsitz Eggelsberg zum globalen Zentrum für Maschinenund Fabrikautomation ausgebaut. Spiesshofer: „Wir sind fest entschlossen, signifikant in B&R zu investie- ren.“Der Umsatz soll in fünf Jahren von derzeit 593 Millionen Euro auf eine Milliarde US-Dollar steigen.
Wofür angesichts des bisherigen Wachstumstempos kein Kraftakt notwendig ist, seit 1995 hat die 1979 gegründete B&R jährlich um elf Prozent zugelegt. Wegen der zunehmenden Digitalisierung wächst der 20 Milliarden Dollar große Weltmarkt für Maschinen- und Fabriksautomatisation jährlich um etwa fünf Prozent.
Die Gewinne, die seit Jahren größtenteils im Unternehmen belassen wurden, können sich sehen lassen. Im Geschäftsjahr 2015/’16 (30. Juni) fuhr die Gruppe 52 Millionen Euro Reingewinn ein. Einschließlich des Gewinn- vortrags von 206 Millionen Euro standen 258 Millionen Gewinn unter dem Bilanzstrich. B&R beschäftigt weltweit mehr als 3000 Mitarbeiter und ist in 75 Ländern tätig.
Die Bereiche der beiden Automatisierer überschneiden sich kaum. ABB ist vor allem im Geschäft mit Versorgern und Infrastrukturanbie- tern, B&R ist in der Nahrungsmittel- und Verpackungsindustrie stark und erschließt ABB neue Kundenschichten.
Nachfolge-Probleme
Über den Grund für den Verkauf schweigen sich die B&REigentümer offiziell aus. Inoffiziell ist aus dem Unternehmen zu hören, dass es kei- ne geeigneten Nachfolger in der Eigentümerrolle für die beiden mittlerweile über 65jährigen Firmengründer Erwin Bernecker und Josef Rainer geben dürfte. Beide Unternehmer wollen noch den Integrationsprozess begleiten und sich dann endgültig aus dem Unternehmen zurückziehen.