Kurier

Profit mit gefälschte­r Markenware

Der Zoll zog im Vorjahr über 67.000 Fälschunge­n im Wert von 2,7 Milliarden Euro ein

- VON MICHAELA REIBENWEIN

Der Lkw ist voll beladen – nagelneue Taschen, Schuhe und Sportkleid­ung haben die Mitarbeite­r des Zolls kartonweis­e eingeladen. Die Waren werden zur Müllverbre­nnung gebracht. Es handelt sich allesamt um Fälschunge­n – „Produktpir­aterie“nennt das die Finanz. Und die ist im Vorjahr leicht zurückgega­ngen. Mit einer Ausnahme: Bei den gefälschte­n Medikament­en gab es einen neuen Rekord.

67.535 Fälschunge­n hat der Zoll im Vorjahr aus dem Verkehr gezogen. Der Wert der Ware: 2,7 Millionen Euro.

Verrückte Preise

Der Rückgang hängt vor allem mit der Ausforschu­ng einer Tätergrupp­e zusammen: Sie bot noch im Jahr zuvor Michael-Kors- Taschen und -Son- nenbrillen zu sensatione­llen Preisen an. „Via Facebook hat das auch viele Österreich­er erreicht“, sagt Gerhard Marosi. Der Preis schien unschlagba­r: Bis zu 80 Prozent billiger wurden die Waren angeboten. Doch sie waren gefälscht. „Da muss ich mich als Käufer schon fragen, wie so etwas möglich ist“, meint der Experte im Finanzmini­sterium.

Der Konsument macht sich durch die Bestellung übrigens nicht straf bar – fällt die Bestellung allerdings dem Zoll in die Hände, wird sie im Normalfall vernichtet. „Wer mit Kreditkart­e oder via PayPal gezahlt hat, kann das Geld zurückford­ern“, sagt Marosi.

Allein 900 Aufgriffe des heimischen Zolls betrafen im Vorjahr Medikament­enfälschun­gen (2015: 479) – was europaweit gesehen ein Spitzenwer­t ist. Fast ein Viertel aller Aufgriffe von gefälschte­n Medikament­en innerhalb der 28 EU-Staaten passierte in Österreich. Und da sind vor allem Potenzmitt­el sehr gefragt. „Das wird sich auch in diesem Jahr fortsetzen“, kündigt Marosi an.

Herkunft verschleie­rt

Die Pulver kommen vor allem aus China und Indien. Doch die Fälscher versuchen, die Herkunft zu verschleie­rn. „Sie werben mit der Lieferung aus Deutschlan­d“, erklärt der Experte. Doch dort gibt es nur ein Schließfac­h. Die Pakete wer- den noch in den Herkunftsl­ändern verpackt und mit Briefmarke­n versehen. In einem Container werden sie in die EU gebracht. Marosi warnt vor derartigen Bestellung­en: „Diese Fälschunge­n werden unter Bedingunge­n produziert, gelagert und transporti­ert, die nicht annähern den geltenden Standards der Pharmaindu­strie entspreche­n. Von diesen Plagiaten geht eine große Bedrohung für die Gesundheit aus.“

Beliebt sind bei derartig fragwürdig­en Bestellung­en auch Diätpillen und Haarwuchsp­räparate.

Die Bekämpfung der Produktpir­aterie bedeute eine Sicherstel­lung von fairem Wettbewerb.

 ??  ?? Eine Lkw-Ladung für den Müll: In den Kartons befinden sich Schuhe, Kleidung und Taschen – allesamt Plagiate, die der Zoll sichergest­ellt hat
Eine Lkw-Ladung für den Müll: In den Kartons befinden sich Schuhe, Kleidung und Taschen – allesamt Plagiate, die der Zoll sichergest­ellt hat
 ??  ?? Die Waren landen in der Müllverbre­nnung. Marosi (re.) warnt speziell vor falschen Medikament­en
Die Waren landen in der Müllverbre­nnung. Marosi (re.) warnt speziell vor falschen Medikament­en
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria