Mit Kombilohn zu 1500 Euro
Mindestlohn. Floristen, Kosmetiker oder Textilreiniger wollen Anhebung nicht alleine stemmen
Die von der Regierung geforderte rasche Mindestlohn-Erhöhung auf 1500 Euro wird in den Niedriglohnbranchen im Gewerbe & Handwerk zur Existenzfrage. Bei Floristen, Kosmetikern oder den Textilreinigern liegen die Mindestlöhne für Hilfskräfte noch unter 1300 Euro. „Die Mehrkosten über den Preis einfach überzustülpen geht nicht, dafür ist der Preiswettbewerb insbesondere durch das benachbarte Ausland zu stark“, sagt Ursula Krepp, Landesinnungsmeisterin der chemischen Gewerbe in Oberösterreich. Sie fordert Übergangsfristen bis 2025, was die Gewerkschaft ablehnt.
Weil der Staat durch die höheren Abgaben der „größte Profiteur“der Anhebung sei, bringen die Branchenvertreter jetzt einen neuen Vorschlag ins Spiel: Sie wollen sich die schrittweise Anhebung auf 1500 Euro mittels Kombilohn fördern lassen. Sprich: Der Staat leistet eine Zuzahlung zum Mindestlohn. Zuletzt hatte auch WIFO-Chef Christoph Badelt einen solchen Kombilohn erwähnt. Johann Kalliauer, Präsident der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich, hält den Vorschlag für problematisch. „Wo fängt der Kombilohn an, wo hört er auf?“
1700 oder 1750 Euro?
Für die AK sind die 1500 Euro ohnehin nur ein erster Schritt, sie will etappenweise auf 1700 Euro erhöhen. „Das kann ich nicht ernst nehmen“, kontert wiederum Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Sparte Gewerbe & Handwerk in der WKÖ. Inklusive Sonderzahlungen würden die 1500 Euro Mindestlohn jetzt schon 1750 Euro ausmachen: „Österreichs Mindestlohn wird 14 mal ausgezahlt, im Rest von Europa nur 12 mal“, betont die Branchensprecherin. Sie sieht die AK in Sachen Arbeitszeitflexibilisierung am Zug.
Fachkräftesuche
Ausgerechnet in jenen Branchen, wo die Löhne niedrig sind, herrscht akuter Fachkräftemangel Im gesamten Handwerk ist jeder dritte Betrieb betroffen, im Vorjahr waren es 27 Prozent. Ein direkten Zusammenhang zwischen Fachkräftemangel und Lohn bestehe nicht, meint Walter Bornett von der KMU Forschung Austria. Mit 730.000 Beschäftigten erreichte das Gewerbe & Handwerk 2016 einen neuen Höchststand, die Lehrlingszahlen stiegen um 2,7 Prozent. Der Branchenumsatz legte mit 0,6 Prozent nur unterdurchschnittlich zu. „Der Handwerkerbonus hat Schlimmeres verhindert“, meint Bornett.
Dass die Sozialpartnerschaft noch funktioniert, beweist ein Abschluss am Dienstag: Die Kunststoffverarbeiter (11.000 Beschäftigte) einigten sich auf 1500 Euro Mindestlohn ab 1. Mai 2018.