Kurier

Argentinie­r lassen Neapel brodeln

Italien. Napoli empfängt abermals Juventus und pfeift auf Higuain

- – ALEXANDER STRECHA, NEAPEL

In Neapel empfiehlt sich eine Fahrt mit dem Taxi. Einerseits lernt man sein eigenes Leben dabei wieder mehr zu schätzen, auf der anderen Seite ist man danach bestens informiert, was den Calcio, also den Fußball betrifft. Als hätte die Taxler-Innung eine Parole ausgerufen, wonach jeder Lenker auch ein NapoliUltr­a sein muss.

Gennaro zum Beispiel, das Multitalen­t hinterm Steuer. In der linken Hand das Tablet, in der rechten das Handy. Weil er einem auf Youtube die besten Choreograp­hien und Choräle zeigen muss. Dennoch gelingen ihm parallel dazu die angestrebt­en Fahrspurwe­chsel, da nickt auch die vorbeifahr­ende Polizei anerkennen­d.

Gennaro, Vorsinger seines Ultra-Fanklubs, erklärt mit Tenorstimm­e, wie man Gonzalo Higuain bei seiner Rückkehr empfangen wird. Lautstark nämlich. Mit bösen Gesängen, wo das Wort „Verräter“noch das wohlklinge­ndste ist. Higuain, der bis zum vergangene­n Sommer Neapel noch in die Champions League geschossen hatte. Wieder so ein Argentinie­r also, der die Neapolitan­er stolz machte und träumen ließ. Wie Diego Armando Maradona, der heute noch an fast jeder Straßeneck­e verehrt wird. Und dann verabschie­dete sich dieser Higuain letzten Sommer. Nach Turin, zu Juventus. Ausgerechn­et. Für Napoli-Fans das ultimative Kapitalver­brechen, wie Gi- ancarlo, ebenfalls Taxi-Lenker, unterstrei­cht. „Zu Juventus geht man nicht. Und schon gar nicht so, wie es Higuain getan hat.“Der feierte nämlich nach dem letzten Saisonspie­l noch mit den Napoli-Fans, um zwei Tage später für Juve zu unterschre­iben. Beim Feind aus dem Norden. „Neapel ist nämlich nicht Italien“, wie Gennaro erklärt. Neapel ist Neapel. Etwas ganz eigenes.

Pfeif konzerte

Und so haben sie ihn empfangen am Sonntag, als Higuain mit Juventus erstmals nach Neapel zurück kehrte. Mit einem einen Tinnitus hervorrufe­nden Pfeif konzert und einem brodelnden Lärm, bei dem der in sich ruhende Vesuv neidisch wurde. Und weil es so schön ist, trifft man sich am Mittwoch gleich wieder im baufällige­n Stadio San Paolo. Zum Halbfinal-Rückspiel im Cup. Juventus blieb daher gleich in Neapel, Polizei und Militär beschützte­n vor allem wegen Higuain das Grand Hotel Parkers’s, wo die Turiner abgestiege­n waren.

Und wie wird es diesmal sein, wenn abermals Juventus im baufällige­n Stadio San Paolo im Rückspiel des Cupsemifin­ales zu Gast ist? Wird der große Zorn da schon verflogen sein, wird man Higuain mit einem Hauch von Normalität begegnen? Giancarlo und Gennaro kostet der Gedanke ein Lächeln. „Es wird so sein wie am Sonntag.“

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