Jugendliche sollen „trinken lernen“Alkoholverbot bis 18?
Experten fordern ein höheres Einstiegsalter, Präventionsarbeit und strengere Kontrollen
Beim Jugendschutz herrscht in Österreich ein GesetzesWirrwarr, weil die Regelungen Ländersache sind. Während in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland schon ab 16 Jahren unbegrenzt Alkohol konsumiert werden darf, sind Spirituosen und Alkopops (süße Mischgetränke) etwa in Oberösterreich, Salzburg oder Tirol bis 18 Jahre verboten. Nach dem einstimmigen Beschluss der Länder beim Rauchverbot bis 18 Jahre – es tritt ab Mitte 2018 in Kraft – wollen die neun verantwortlichen Jugendreferenten bis nächstes Jahr auch das Alkoholverbot und die Ausgehzeiten vereinheitlichen. Ob auch beim Bier- und Schnapskonsum ein höheres Einstiegsalter Sinn macht, darüber gibt es verschiedene Ansichten.
„Es wäre ein wichtiges Signal, Alkohol unter 18 Jahren zu verbieten. Das Problem ist damit jedoch nicht gelöst. Es muss unbedingt schon bei Kleinkindern mehr Präventionsarbeit geleistet werden“, sagt Harald Frohnwieser. Er betreibt – eine Webseite, auf der er sich fachlich mit dem Thema Alkoholsucht auseinandersetzt, um den Betroffenen zu helfen und aufzuklären. Frohnwieser ist aber auch gleichzeitig Betroffener und hat eine klare Einstellung, wenn es um die Verbotsfrage geht
Aktuell sind ungefähr 360.000 Österreicher alkoholabhängig – diese Zahl inkludiert alle Süchtigen ab dem Alter von 15 Jahren. Problematisch sei insbesondere, dass sich die Sucht meist über Jahre entwickelt und der Griff zum Alkohol in der Jugend den Startschuss zum Alkoholismus im Erwachsenenalter setzt.
Österreich ist im Vergleich zu anderen Nationen liberal, was die Gesetzgebung beim Alkoholverkauf an Jugendliche betrifft. In den meisten Ländern Europas darf erst ab 18 Jahren getrunken werden. Sogar die als trinkfest bekannten Russen dürfen erst mit 18 Jahren Alkohol erwerben.
Eltern sollen auf klären
Auch Christoph Lagemann, Leiter des Instituts für Suchtprävention, sieht die Anhebung des Einstiegsalters als sinnvollen Ansatz – allerdings nicht als die einzige, wahre Lösung: „Das Trinken muss auch gelernt werden. Gefährlich wird es nämlich dann, wenn jemand seine Grenzen überschreitet und überhaupt nicht weiß, wie viel er verträgt. Da sollten vor allem die Eltern eingrei- fen und mit ihren Kindern über den Konsum sprechen.“
Die Vertreter der Gastwirte glauben hingegen, dass weniger ein generelles Alkoholverbot bis 18 Jahre als vielmehr strengere Kontrollen notwendig sind. „Wo saufen sich die Jugendlichen beinahe bewusstlos? Nicht beim Gastwirten, sondern bei den Vereinsfesten. Dort werden so gut wie keine Ausweise ver- langt“, meint Mario Pulker, Bundesobmann der Sparte Gastronomie in der österreichischen Wirtschaftskammer. Er verurteilt aber auch seine Diskotheken-Betreiber, die sogenannte „Ein-EuroPartys“veranstalten. „Das animiert zum hemmungslosen Saufen und ist strikt abzulehnen“, sagt Pulker.
Anstelle eines bundesweiten, generellen Alkoholverbots bis 18 Jahre kann sich Pulker eine mehrstufige Regelung vorstellen: Und zwar Bier und Wein ab 16 sowie Spirituosen und Alkopops ab 18 Jahren. Gleichzeitig verlangt der Gastro-Chef, dass „auch Eltern mehr Verantwortung und ihre Kinder mehr in die Pflicht nehmen.“