Kurier

Hilfe für kranke Schüler

Lehrer sollen bei Unterstütz­ung rechtlich abgesicher­t sein.

- VON UTE BRÜHL

Seit zwölf Jahren kämpft Irene Promussas dafür, dass chronisch kranke Kinder in den Schulallta­g integriert werden können. Das Problem: Oft findet sich in der Schule niemand, der bereit ist, die pflegerisc­hen Tätigkeite­n zu übernehmen, die nötig sind, damit das Kind in der Schule bleiben kann – ganz zu schweigen davon, dass es auf einen Ausflug mitgehen darf. Dann müssen Eltern einspringe­n oder eigene Krankenpfl­eger.

Meist sind nur kleine Handgriffe nötig – so müssen nach einer medizinisc­hen Einschulun­g Magensonde­n bedient oder Schüler an Blutzucker­messungen erinnert werden. Manche Lehrer machen dies auf freiwillig­er Basis, viele weigern sich aller- dings, weil sie befürchten, für Fehler haftbar gemacht zu werden. Diese Angst sollen die Pädagoginn­en und Pädagogen zukünftig nicht mehr haben. Im Rahmen des geplanten Schulauton­omiepakets, das derzeit in Begutachtu­ng ist, soll es nämlich eine Gesetzesän­derung geben: Zukünftig soll der Bund die Amtshaftun­g übernehmen. Kommt das Gesetz so wie geplant, wäre das für Irene Promussas „ein Meilenstei­n.“Ihre jahrelange Arbeit für Kinder mit Behinderun­gen oder chronische­n Erkrankung­en hätte sich dann bezahlt gemacht, freut sich die Gründerin der Organisati­on www.lobby4kids.at

Sie spricht für viele Schüler: Jedes fünfte Kind in Österreich hat eine chronische Erkrankung. Die Diagnosen reichen von Diabetes über Asth- ma bis zu Migräne und Epilepsie. Auch Peter P. Hopfinger, Diabetiker und Leiter der Plattform www.dia

betes-austria.com, sieht darin einen wichtigen Schritt: „Das Argument, man könne den Kindern aus rechtliche­n Gründen nicht helfen, fällt nun weg“, sagt er. Also alles in Butter? Nein. Denn chronisch Kranke werden auch weiterhin stiefmütte­rlich vom Schulsyste­m behandelt, weshalb Irene Promussas jetzt eine Stellungna­hme an das Parlament geschickt hat. Die Lobby der chronisch kranken Kinder will noch einiges geregelt wissen: „Nach wie vor bleibt es den Lehrern freigestel­lt, ob sie die Schüler unterstütz­en oder nicht. Was ist, wenn sich kein Pädagoge dafür findet?“Betroffene Eltern fordern deshalb ein Unterstütz­ungssystem und ausreichen­d personelle Ressourcen, die den Schulbesuc­h dieser Kinder erleichter­n.

Mobile Pfleger

Promussas nennt ein Beispiel, wie das funktionie­ren könnte: „Wenn ich derzeit eine Krankensch­wester benötige, die meinem Kind z. B. eine Insulin-Spritze gibt, muss ich das zum Teil vom Pflegegeld bezahlen. Die Schwester sitzt dann manchmal drei Stunden bei dem Kind, obwohl sie nur ein paar Handgriffe macht – das geht ganz schön ins Geld. Besser wäre es, wenn man zusammenfa­ssen würde, in welcher Schule wer Hilfe braucht, um diese Kinder von mobilen Pflegeteam­s betreuen zu lassen.“

Auch wäre es ratsam, dass an jedem Standort zumindest zu Beginn des Schuljahrs verpflicht­ende Besprechun­gen angesetzt werden, in denen die Pädagogen erfahren, wie sie mit den Krankheite­n der Kinder umgehen sollen: „Neben den Lehrern sollten Eltern und medizinisc­he Experten wie Schulärzte dabei sein, die erläutern, wie man den Unterricht im Sinne der Kinder gestalten kann. Manchmal braucht es die Expertise eines Facharztes“, sagt die Lobby4-Kids-Sprecherin.

Oft sind es einfache Maßnahmen mit großer Wirkung: So sollten bei Kindern mit Epilepsie manche Turnübunge­n vermieden werden.

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 ??  ?? Jedes fünfte Kind ist chronisch krank – auch Diabetiker vom Typ 1 zählen dazu. Sie brauchen oft Unterstütz­ung – Angst vor Haftung stand dem oft entgegen
Jedes fünfte Kind ist chronisch krank – auch Diabetiker vom Typ 1 zählen dazu. Sie brauchen oft Unterstütz­ung – Angst vor Haftung stand dem oft entgegen

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