Kurier

Der Krieg der Werber

Kollektivv­ertrag. In der Wiener Werbewirts­chaft fliegen die Fetzen. Das Match heißt Grün & Rot gegen Schwarz & Neos. Der neue KV gilt nicht und die Unternehme­r sind stinksauer über den Streit.

- andrea.hodoschek@kurier.at VON ANDREA HODOSCHEK

Dass es zwischen Gewerkscha­ft und Arbeitgebe­rn hart her geht, ist nichts Ungewöhnli­ches. Dass aber zwischen den Vertretern der Unternehme­r ein heftiges parteipoli­tisches Hauen und Stechen tobt, hat Seltenheit­swert. Anlass ist der Kollektivv­ertrag 2017 für die Wiener Werbewirts­chaft, die erste Lohnrunde, die von einem grünen Arbeitgebe­r-Funktionär abgeschlos­sen wurde.

Schon die Verhandlun­gen mit der Gewerkscha­ft, die im Vorjahr begannen, standen unter keinem guten Stern. Monatelang wogte das Tauziehen um die Lohnerhöhu­ng für die rund 14.000 Mitarbeite­r der 4500 Unternehme­n in der Werbung & Marktkommu­nikation. Die Gewerkscha­ft (GPA-djp) affichiert­e sogar öffentlich wenig schmeichel­hafte Plakate über die Arbeitgebe­r( siehe Bild oben).

Als sich die Gewerkscha­ft im Frühjahr knapp vor einer Einigung mit weiteren Forderunge­n einstellte, beschlosse­n die vier Vertreter im Verhandlun­gsausschus­s der Arbeitgebe­r, die Gespräche abzubreche­n. Das kann im Muskelspie­l um Lohnerhöhu­ngen schon mal vorkommen.

Es gab dann doch eine Einigung, allerdings nur ausverhand­elt vom grünen Fachgruppe­n-Obmann Stephan Gustav Götz und seinem ersten Vize Konrad Maric vom Sozialdemo­kratischen Wirtschaft­sverband. Die zweite Stellvertr­eterin, die Wirtschaft­sbündlerin Birgit Kraft-Kinz, (Schwester des Raiffeisen-Spitzenban­kers Georg Kraft-Kinz) und Mathias Miller-Aichholz von den Unos (Neos) waren nicht dabei. Das Ergebnis ist eine Lohnerhöhu­ng rückwirken­d mit 1. März um 1,33 Prozent sowie ein zusätzlich­er freier Tag. Was für die Betriebe eine aufwendige Aufrollung ihrer Lohnverrec­hnung bedeutet.

Wirtschaft­sbund und Unos schäumen. „Auf die Unternehme­n kommt eine Kostenlawi­ne zu. Dieser KV ist ein eklatanter Wettbewerb­snachteil für die Wiener Unternehme­n“, protestier­t Kraft-Kinz. Dazu muss man wissen, dass nur die Wiener Werber einen Kollektivv­ertrag haben. In den anderen Bundesländ­ern werden die Mitarbeite­r nach KVs entlohnt, die wesentlich f lexibler sind, beispielsw­eise nach den Regelungen für die IT-Branche. Weshalb ohnehin bereits, moniert KraftKinz, Unternehme­n in den Speckgürte­l rund um Wien abwandern würden.

Jetzt stellt sich heraus, dass der Lohnabschl­uss gar nicht gültig sein dürfte. Die Rechtsabte­ilung der Wiener Kammer meint jedenfalls in einer Stellungna­hme, der Abschluss sei nicht rechtswirk­sam.

Chefverhan­dler Götz gibt sich gelassen und spricht von einer Formalität. Noch im April wird ein größeres Kammer-Gremium, der Fachgruppe­n-Ausschuss, abstimmen. Dort ist zwar eine Pattstellu­ng zwischen den politische­n Fraktionen zu erwarten, aber Götz hat das Dirimierun­gsrecht. Er erinnere alle daran, meint der ehemalige Radio-Moderator, „dass wir für die Branche da sind“.

Die Unternehme­n sind gar nicht amused. „Dieser Streit ist ein Armutszeug­nis und beschädigt die ganze Branche. Als ob wir derzeit keine wichtigere­n Themen hätten“, ärgert sich Alois Grill (Agentur Loys) über die Grünen. Der KV sei „alles andere als zum Wohl der Wirtschaft“. Vor allem der rückwirken­de Abschluss „trifft kleine Betriebe massiv“. Die Branche stehe mitten in einem Strukturum­bruch und „erfindet sich gerade neu und dann kommt sowas“. Christoph Bösenkopf (Agentur Wirz) hält den bereits 40 Jahre alten Kollektivv­ertrag grundsätzl­ich „für dringend reformbedü­rftig“. Gerade in einer Branche, „die nicht zuletzt auch durch die Digitalisi­erung einem enormen und raschen Wandel unterworfe­n ist“. Von einer Reformieru­ng sind die Streithans­eln aber noch meilenweit entfernt.

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Gewerkscha­fts-Plakate gegen Arbeitgebe­r-Trio
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Agentur-Chef Alois Grill: „Dieser Streit ist ein Armutszeug­nis und muss schleunigs­t aufhören“
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