Kurier

Ist Stockholm größerer Katastroph­e entronnen?

Nach Lkw-Anschlag in Stockholm. „Wahrschein­lich“hat die Polizei den Täter gefasst. Viele Fragen sind noch offen.

- VON ULRIKE BOTZENHART

Sichtlich erschütter­t legte Schwedens Kronprinze­ssin Viktoria gemeinsam mit ihrem Mann, Prinz Daniel, am Samstag rote Rosen nahe des Anschlagso­rtes in Stockholm nieder. Um Fassung ringend, sagte die 39-Jährige: „Ich fühle große Trauer und Leere. Aber ich fühle trotzdem eine Stärke, denn die Gesellscha­ft hat mit enormer Kraft gezeigt, dass wir uns dem hier entgegense­tzen.“Auf die Frage eines Reporters, wie das Land durch diese schwierige Zeit kommen solle, antwortete sie mit einem Wort: „Zusammen“.

Die künftige Königin war damit im Gleichklan­g mit ihren Landsleute­n, viele Schweden äußerten sich am Tag, nach dem ein gestohlene­r Kleinlastw­agen in eine Menschenme­nge in der belebten Einkaufsst­raße Drottningg­atan gerast ist, ähnlich. Vier Menschen wurden getötet, 15 verletzt. Am Samstag waren noch acht im Spital, zwei davon auf der Intensivst­ation.

Tatverdäch­tiger Usbeke in Haft

Der mutmaßlich­e Täter, ein 39-jähriger Usbeke und vierfacher Vater, ist mittlerwei­le in Haft. „Nichts besagt, dass wir die falsche Person festgenomm­en haben“, sagte Reichspoli­zeichef Dan Eliasson. Der Verdächtig­e sei der Polizei seit dem Vorjahr namentlich bekannt, aber die damaligen Untersuchu­ngen hätten keine Nähe zu extremisti­schen Milieus bestätigt. Ob der Usbeke mit der Terror- miliz IS sympathisi­ere, werde noch untersucht. Es spreche „zum jetzigen Zeitpunkt viel dafür“, das es ein terroristi­sches Motiv gebe, sagte der zuständige Staatsanwa­lt.

Sprengstof­f im Tatfahrzeu­g?

Die Polizei fand auf dem Fahrersitz in dem Lastwagen „ein technische­s Gerät, das dort nicht sein sollte“, sagte der Reichspoli­zeichef. Man könne aber noch nicht sagen, ob es sich bei dem Fund um eine brennbare Substanz handle. „Das wird noch untersucht.“Der staatliche Sender SVT hatte zuvor berichtet, die Ermittler hätten in dem Tatfahrzeu­g Sprengstof­f gefunden. Dieser sei in einer Tasche entdeckt worden. Sollte sich das bestätigen, dann ist Stockholm wohl einer noch größeren Katastroph­e knapp entronnen.

In ganz Schweden liefen am Samstag fieberhaft­e Ermittlung­en nach weiteren Personen, die möglicherw­eise an der Tat beteiligt waren. Innerhalb des Landes wurden scharfe Kontrollen durchgefüh­rt, befreundet­e Staaten und Nachrichte­ndienste sind eingeschal­tet, zehn Tage lang werden alle Einund Ausreisend­en kontrollie­rt.

Doch trotz aller Anstrengun­gen blieb so gut wie alles, was die Ermittler am Samstag der Öffentlich­keit präsentier­ten, vage. „Wir suchen etwaige Mittäter, kontrollie­ren, observiere­n, setzen Vertrauens­maßnahmen – um es vereinfach­t auszudrück­en: Wir müssen ein komplizier­tes Puzzle zusammenba­uen“, bat Jan Evensson von der Stockholme­r Polizei die Öffentlich­keit um Geduld.

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Schweden trauert: Beim Lkw-Anschlag am Freitag wurden vier Menschen getötet und 15 weitere verletzt, zwei davon sehr schwer. Der mutmaßlich­e Täter, ein 39jähriger Usbeke (o.), ist in Haft. Er war der Polizei bekannt
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