Kurier

Das Stickoxid-Dilemma

Bei Rückrufver­weigerung droht Entzug der Pkw-Zulassung

- – KID MÖCHEL

Am 18. September 2015 wurde die Welt der Autofahrer massiv erschütter­t. Nach monatelang­en Untersuchu­ngen platzte der Skandal um die Abgasmanip­ulationen bei Dieselfahr­zeugen des VW-Konzerns. Die US-Umweltbehö­rden gingen mit ihren verheerend­en Testergebn­issen an die Öffentlich­keit, weil sie sich von den VW-Managern hinters Licht geführt fühlten. VW hatte in der Motorsteue­rung der Baureihe EA189 eine illegale Abschaltev­orrichtung eingebaut, die bei Tests den Stickoxid-Ausstoß (NoX) massiv runterfähr­t. VW musste schließlic­h zu Kreuze kriechen und den groß angelegten Abgasbetru­g mittels Schummelso­ftware gestehen.

Weltweit sind zehn Millionen Dieselauto­s betroffen. Angesichts des frechen Verhaltens von VW statuierte­n die US-Behörden ein hartes Exempel. VW muss 500.000 „Clean Diesel“in den USA zurückkauf­en und mehr als 20 Milliarden Euro Schadeners­atz und Strafe zahlen. Auch in Kanada mussten die Wolfsburge­r tief in die Tasche greifen. 105.000 kanadische Kunden werden mit fast zwei Milliarden Euro entschädig­t.

In Europa sind die Abgasvorsc­hriften nicht so streng wie in den USA, aber auch hier wurden die Abgaslimit­s jahrelang schamlos überschrit­ten. Die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig ermittelt deshalb gegen die VW-Führung.

Zugleich läuft ein Rückruf der betroffene­n Fahrzeuge. Sie müssen für ein Motorsteue­rungs-Up- date in die Werkstatt kommen. In Österreich geht es um 388.000 Autos der Abgasnorm Euro 5.

„Ihr Fahrzeug entspricht nicht der beim Neukauf angegebene­n Euro-Klasse und befindet sich daher nicht in einem genehmigun­gskonforme­n Zustand“, heißt es in einem Schreiben des Verkehrsmi­nisteriums an einen VW-Besitzer. „Sie müssen daher der Rückrufauf­forderung nachkommen, damit der genehmigun­gskonforme Zustand hergestell­t werden kann.“Sollte der Autobesitz­er dem nicht nachkommen, heißt es weiter, „könnte Ihnen die Zulassung entzogen werden“.

Es gibt aber Autobesitz­er, die VW deshalb vor Gericht zerren. Sie verlangen die Rückabwick­lung des Autokaufes, sprich, sie wollen ihr Geld zurück, weil ihre Fahrzeuge nicht der Euro-5-Norm entspreche­n. In zwei Fällen liegt der Ball laut Anwalt Michael Poduschka nun beim OGH. Einen erhöhten Stickoxida­usstoß vor Gericht zu beweisen, gelang den Kunden bisher nicht. „Da VW den Quellcode der Schummelso­ftware nicht herausgibt, können wir den erhöhten NoX-Ausstoß nicht nachweisen“, sagt Poduschka. „Ohne Quellcode würde ein Nachweis laut Sachverstä­ndigen sehr viel Geld kosten.“

Indes hat VW 2016 einen Verkaufsre­kord von 10,3 Millionen Autos erzielt und den Konkurrent­en Toyota überflügel­t. Das hat zwei Gründe: VW gewährt saftige Rabatte und VW-Fahrer sind traditione­ll sehr treue Kunden.

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