Der Patriarch Ferdinand Piëch.
Er setzte sich an die Spitze der Automobildynastie und zählt seit Jahrzehnten zu den reichsten Österreichern. Jetzt feiert der zwölffache Vater seinen 80. Geburtstag.
Er ist nur einer von acht Enkeln des Firmengründers Ferdinand Porsche – und nicht einmal einer, der den Namen Porsche trägt. Und doch ist Ferdinand Piëch seit Jahrzehnten der Mittelpunkt des Porsche-Clans. Er war in allen nur möglichen Führungspositionen des Konzerns tätig, fuhr Milliardengewinne ein und steht als Großaktionär der Porsche Holding ganz vorne auf der Liste der reichsten Österreicher. Sein Privatleben ist nicht minder turbulent, hat er doch zwölf Kinder mit vier Frauen. Jetzt wird Ferdinand Piëch 80 Jahre alt.
Kein „echter“Porsche
Viel lieber hätte man es im PorscheClan gesehen, dass ein „echter“Porsche an der Spitze gelangt, also ein Nachfahre der männlichen Linie nach Firmengründer Ferdinand Porsche. Und das wäre einer der vier Söhne von Ferry Porsche gewesen. Aber Ferdinand Piëch ist nun einmal das Alphatier in der Familie und stand daher jahrzehntelang an vorderster Front der Dynastie, ehe er sich 2015 rechtzeitig vor dem Abgasskandal aus allen Ämtern zurückzog.
21,5 Millionen „Käfer“
Der erste Patriarch der Familie war Firmengründer Ferdinand Porsche, der Volkswagen und Porsche – zwei der erfolgreichsten Automarken aller Zeiten – entwickelte. Der ursprünglich im Auftrag Hitlers produzierte VW wurde nach dem Krieg zum Symbol des Wirtschaftswunders und legte den Grundstein für den Reichtum des Clans: Allein der „Käfer“wurde 21,5 Millionen Mal verkauft, wobei die Familie an jedem einzelnen Exemplar mit fünf Mark beteiligt war.
Ferdinand Piëch wurde als drittes von vier Kindern der Porsche-Tochter Louise und des Anwalts Anton Piëch am 17. April 1937 in Wien geboren, er studierte Maschinenbau, arbeitete als Ingenieur für Volkswagen, Porsche und Audi, ehe er die Karriereleiter nach oben kletterte.
Bewundert und gefürchtet
Ferdinand Piëch wurde im Konzern bewundert, aber ob seiner Temperamentsausbrüche auch gefürchtet. Sein Jähzorn scheint genetisch bedingt, war doch schon sein Großvater für derartiges Verhalten bekannt. Dabei brachten Ferdinand Porsches Wutausbrüche der Familie den wirtschaftlichen Aufschwung, da er vor allem deshalb selbstständig Autos zu entwickeln begann, weil er sich mit allen seinen Chefs bei Lohner, Daimler, Mercedes und Skoda zerstritten hatte. Erst in seinem eigenen Konstruktionsbüro in Stuttgart schlug dann die Geburtsstunde des Volkswagens.
Der Hang zu lautstarken Szenen setzte sich in der nächsten Generation fort, zwischen Tochter Louise Piëch und Sohn Ferry Por- sche soll es sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen sein, die den Erfolg aber nicht schmälerten. Während Ferry das Stuttgarter Ingenieurbüro seines Vaters zum Großkonzern ausbaute, leitete Louise die Porsche Holding in Salzburg, die mit 36.000 Mitarbeitern heute noch Österreichs größtes privates Unternehmen ist.
1972 waren die Familien Piëch und Porsche dermaßen zerstritten, dass es keine andere Möglichkeit gab, als alle Clan-Mitglieder von der operativen Leitung der Volkswagen AG abzuziehen. Die Machtkämpfe blieben auch in der dritten Generation nicht aus, wurden aber mit subtileren Mitteln ausgetragen. Nun nahm der Familienzwist durchaus skurrile Züge an, als sich nämlich auch Liebe und Eifersucht in die Auseinandersetzungen einschlichen: Als Höhepunkt des Kriegs zwischen den Cou- sins Ferdinand Piëch und Gerhard Anton Porsche fing der eine mit der Frau des anderen eine Affäre an: Ferdinand Piëch und Marlene Porsche wurden ein Paar.
Per Inserat gefunden
Die Verbindung zwischen Piëch und der Frau seines Cousins hielt zwölf Jahre. Mittlerweile hatte die 25-jährige Kindergärtnerin Ursula Plasser aus Braunau am Inn ein Zeitungsinserat gelesen, mit demeine Gouvernante gesucht wurde. Sie bewarb sich und wurde 1982 von Marlene Porsche und Ferdinand Piëch – damals Technikvorstand der VW-Tochter Audi – eingestellt. Zwei Jahre später heiratete Piëch die Gouvernante, die dann als Mitglied des Aufsichtsrates auch noch zur mächtigsten Frau im Konzern aufsteigen sollte. Die Ehe – der drei weitere Kinder entsprangen – gilt als vorbildlich, Herr und Frau Piëch werden meist händchenhaltend gesichtet.
Ferdinand Piëch war seit 1993 Vorstandsvorsit- zender der VW-AG, 2002 wechselte er in den Aufsichtsrat. Und blieb nach seinem Totalrückzug der aktuelle Patriarch – auch wenn sein Bruder Hans Michel kürzlich Firmenanteile von ihm übernommen hat. Als Patriarch ist Ferdinand Piëch Nachfolger von Ferdinand und Ferry Porsche und seiner Mutter, der nicht minder starken „Matriarchin“Louise Piëch.
Übermacht des Gründers
Im Gegensatz zu anderen Großerben hat Ferdinand Piëch keine Probleme mit der Übermacht des Gründervaters. „Ich bin nicht durchdrungen von einer Mission, die Größe des Ferdinand Porsche hochzuhalten“, schreibt er in seiner Autobiografie. „Schon gar nichts kann ich damit anfangen, wenn Kommentatoren mir Minderwertigkeitsgefühle anhängen wollen, weil ich den dominierenden Großvater dauernd im Unterbewusstsein sitzen hätte.“
Ganz im Gegenteil, Ferdinand Piëch tritt stets selbstbewusst auf. Was nicht weiter verwundern mag, hat sich der Konzernerfolg in seiner Generation doch um ein Vielfaches vergrößert. Der Reingewinn der Volkswagen AG mit 630.000 Mitarbeitern betrug im Vorjahr – trotz des Dieselskandals – mehr als sieben Milliarden Euro.
Die reichste Familie im Land
Europas größte Automobil-Dynastie besteht heute aus 60 Mitgliedern, allesamt leibliche und angeheiratete Nachfahren des Konzerngründers. Sie ist mit einem Vermögen von 45 Milliarden Euro die bei weitem reichste Familie Österreichs. Und es gibt kaum Zweifel, dass Ferdinand Piëch innerhalb des Clans auch in den Finanzen die Nase vorne hat.
georg.markus@kurier.at