„Wenn ich Spaß an der Lüge hätte,
Interview. Peter Simonischek über die Einsamkeit des Schauspielers, was man
Gedreht haben Sie „Toni Erdmann“schon 2014. Eine lange Nachwirkung. Peter Simonischek: Ja, nach dem Sommer 2014 war er abgedreht. Ich habe ihn zwar nicht vergessen, aber ich hatte ihn nicht täglich auf dem Schirm. Bevor man in den Startlöchern scharrt und sich dauernd fragt, was jetzt mit dem Film ist, habe ich mir gedacht: Die wunderbare Maren Ade hat jetzt ein Baby be- kommen, ein echtes aus Fleisch und Blut. Und das andere, schauen wir mal, vielleicht kommt es ins Heim oder so Vielleicht hat sie’s weggelegt. Aber da habe ich ihr Unrecht getan. Jeden Tagen ist sie zum Schneiden gegangen, wie ins Büro. Sie hat genau gewusst, welche Variationen es gibt, was wann gedreht wurde. Sie hat eine unglaubliche Ausdauer. Und dann dauert das, ich verstehe das! War das Warten aber schwierig?
Nein, weil man ja eh nicht mit so einem Erfolg rechnet. Man hofft ja immer. Bei einem Film weniger, bei anderen mehr. Bei dem Film habe ich mehr gehofft, das stimmt. Alles, was sie zuvor gemacht hatte, war toll. „Der Wald vor lauter Bäumen“– den kann man nur jedem empfehlen. Ich habe einen Tag gebraucht, um mich wieder auf die Reihe zu kriegen. Da wird eine Lehrerin von einer gnadenlosen Einsamkeit eingeholt. Und wie normal und lapidar und wahrhaftig das
erzählt wird. Großartig! Ist Schauspielen ein einsamer Beruf? Das kommt auf den Charakter an. Meine Frau, die sehr viel gedreht hat, ist immer zum Dreh gegangen, um diese Rolle zu spielen. Und dann war sie das. Dann hat sie die Kleider so gewählt und das Frühstück, als ob sie diese Figur wäre. Das wird vielfach belächelt und gilt als uncool. Warum?
Cool ist, wenn man sich kurz vorher noch einen Witz erzählt, und dann sagt Klappe, Kamera, okay. Aber damit habe ich meine Probleme. Für mich ist das Schönste das, was sich im Zusammenspiel mit einem Partner herstellt. Bei Proben in Bratislava kam eine junge Kollegin – für mich sind ja alle Kolleginnen jung! –, und dann haben wir eine Szene geprobt, und da ist sofort etwas passiert. Zack! Ich liebe das. Das Schöne an diesem Beruf ist, die Menschen zu überraschen. So zu spielen, dass man nicht schon vorher weiß, was kommt. Marlon Brando war Weltmeister darin. Da hat man jeden Moment gedacht: Wie entscheidet er sich jetzt? Durchlässig, offen, wie im Leben. Da möglichst nahe ranzukommen! Man hat ja als Schauspieler Verabredungen zu verbergen, man hat einen gelernten Text zu verbergen. Sandra Hüller, meine Film-Tochter in „Toni Erdmann“, halte ich für eine besonders begnadete Schauspielerin. Ich kenne keine andere junge Schauspielerin, bei der Hirn und Zwerchfell so nahe beinander sind. Als Filmpartner darf