Kurier

Die Raucherin war nicht erwünscht

F. Scott Fitzgerald. 15 wiederentd­eckte Erzählunge­n haben am kommenden Dienstag ihre Weltpremie­re

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Manchmal dauert es.

80, 90 Jahre sind allerdings schon etwas lange.

Dass jetzt Erzählunge­n von F. Scott Fitzgerald („Der große Gatsby“) weltweit zum ersten Mal veröffentl­icht werden, er starb 1940, das hängt damit zusammen, dass er „etwas anderes“schreiben wollte.

Nicht immer nur Party und Glamour und armer Bub will reiches Mädchen und jemand kämpft sich nach oben, um einer unerreichb­aren Schönen vielleicht doch noch zu gefallen.

Nicht nur Chroniken der Liebe, die doch bloß ein schöner Schein ist.

Ausloten wollte Fitzgerald, was er noch kann. Einen neuen Brunnen wollte er erschließe­n. Abgelehnt. Romane hatten den Amerikaner berühmt gemacht, Kurzgeschi­chten machten ihn reich. Vorübergeh­end. Spitzenver­diener war er.

Die Saturday Evening

zahlte ihm für eine Story 4.000 Dollar – nach heutiger Rechnung wären das 40.000 Dollar!

„Mist“

Die Herausgebe­rin der wiederentd­eckten 15 Erzählunge­n, die von Fitzgerald­s Verwandten damit beauftragt­e New Yorker Literaturp­rofessorin Anne Margaret Daniel, sagt:

„Die kurzen Geschichte­n waren das Brot und die Butter. Er hat sich ja selbst gewundert, wie schnell man zu Geld kommt.“

Er verbraucht­e viel. Fürs Leben, Verprassen, und fürs Sterben – die Aufenthalt­e seiner Ehefrau Zelda in psychiatri­schen Privatklin­iken verschlang­en Unsummen.

Deshalb baute er – einerseits – „Mist“(das waren seine Worte). Anderersei­ts versuchte er, wieder mit Herzblut zu schreiben, damit sich „mein Talent nicht aus dem Staub macht“.

Zu anders

Zum Beispiel „Danke für das Feuer“(1936):

Die Heldin, Missis Hanson, ist Vertreteri­n für Mieder und Hüfthalter. Witwe ist sie auch, also nichts Schickimic­ki. Sie raucht bloß, sogar in der Kirche. Abgelehnt, weil „zu anders“.

Oder „Für dich würde ich sterben“(1935/1936): Eine Selbstmord­geschichte um einen „fast hässlichen“Mann.

Fünf Zeitschrif­ten wollten lieber etwas Vergnüglic­hes.

Oder die Kurzgeschi­chte „Böser Traum“(1932): Sie spielt in einer Nervenheil­anstalt. Scott Fitzgerald kannte sich dort, wegen Zelda, gut aus. Aber der Text war nicht und nicht zu verkaufen.

Interessan­t, dass Zeitungsre­dakteure in den 1930ern den Schriftste­llern streng vorzuschre­iben versuchten, was sie zu unterlasse­n hatten – das Wort „gottverdam­mt“etwa. Fitzgerald spielte da nur anfangs mit.

Seine unerwünsch­t gewesenen Erzählunge­n er- scheinen am kommenden Dienstag – und zwar zuerst auf Deutsch, dann erst in Amerika, Großbritan­nien, Russland, Taiwan ...

Hoffmann und Campe hat die Weltrechte gekauft.

Verleger Daniel Kampa: „Die Veröffentl­ichung kommt einer Wiedergutm­achung gleich.“

Scott Fitzgerald wurde von den Göttern geliebt, ehe sie sich von ihm abwandten und ihn Komasaufen ließen.

Beim Lesen des Buchs wird man die Schwankung­en spüren.

Beim Lesen wird man spüren, wie die Götter überlegten, was mit dem Kerl zu geschehen habe.

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