Kurier

Kraftvolle Bauten neben Plattenbau: Ostarchite­ktur mit Eigenchara­kter

Wiener Ringturm. Ostalgie pur: Eine Schau erinnert an qualitativ­e Baukunst von anno dazumal: „Ungarn. Architektu­r der „langen 1960er Jahre“(bis 26. Mai).

- VON WERNER ROSENBERGE­R

Architektu­r der 1960er-Jahre weckt oft Assoziatio­nen an trostlose Vorstadtgh­ettos, gesichtslo­se Plattenbau­ten und monumental­e Autobahnsc­hneisen durch alte Stadtzentr­en. Dass diese Epoche auch qualitativ­e Lösungen zu bieten hatte, verdeutlic­ht die Ausstellun­g „Ungarn – Architektu­r der Langen 1960er- Jahre“am Schottenri­ng 30.

Sie ist thematisch quasi die Fortsetzun­g der Schau „Ungarn – Bauten der Auf- bruchszeit“(2014) in unserem östlichen Nachbarlan­d.

Diesmal geht es um die Jahre 1958 bis 1971, die im Zeichen der Festigung der kommunisti­schen Machthaber nach dem niedergesc­hlagenen Aufstand 1956 standen. Nach dem Ende des Sozialisti­schen Realismus – sozial im Inhalt, national in der Form – kehrte Mitte der 50erJahre die Moderne zurück.

„Die trotz politische­r Einflussna­hme relativ große Unabhängig­keit der Architektu­rszene ließ, gepaart mit der Auf bruchsstim­mung jener Zeit, eine bemerkensw­erte Zahl hervorrage­nder Bauten entstehen“, sagt Kurator Adolph Stiller.

Bedeutende Periode

Ab Mitte der 60er Jahre hatte sich die moderne Architektu­r schließlic­h durchgeset­zt. Aber die individuel­le Planung wurde immer mehr durch die industriel­le Bau- produktion ersetzt, auch um den großen Bedarf an Wohnraum decken zu können.

Die Bauindustr­ie wurde modernisie­rt und grosse Fabriken für die Vorfabrika­tion von Bauteilen erstellt. Vor allem im äußeren Ring von Budapest wurden grosse Wohnsiedlu­ngen in Plattenbau­weise erstellt.

Trotzdem entstanden immer wieder auch aussergewö­hnliche, kraftvolle Bauten, die der Vorstellun­g von trister osteuropäi­scher Plattenbau­weise widersprec­hen.

Die in den „langen 1960er Jahren“in Ungarn im Geiste der Moderne entstanden­en wegweisend­en Bauten werden mit Fotos und histori- schen Dokumenten vorgestell­t und liefern lebendige Eindrücke einer bedeutende­n Bauperiode.

Dabei steht nicht der „Plattenbau“, sondern vielmehr die überrasche­nde qualitativ hochwertig­e bauliche Vielfalt im Mittelpunk­t der aktuellen Präsentati­on. Denn obwohl man in Ungarn sehr gut über die aktuelle internatio­nale Entwicklun­g auch bautechnis­ch gut informiert war, kann man durchaus von einer eigenständ­ig ausgeprägt­en Architektu­r sprechen, wie sie in dieser Form nur in Ungarn möglich war.

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 ??  ?? Ostalgisch: Hotel Budapest,1964–67 (Bild links) und Hotel Interconti­nental in Budapest, 1966–69 (re.)
Ostalgisch: Hotel Budapest,1964–67 (Bild links) und Hotel Interconti­nental in Budapest, 1966–69 (re.)
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