Kurier

Anschober „Westring ist ein tragischer Fehler“

A 26. Der Grüne Umweltland­esrat will statt Brücke und Tunnel Ausbahn des öffentlich­en Verkehrs.

- VON JOSEF ERTL

Obwohl viele Pendler sehnsüchti­g auf den Bau des Linzer Westrings warten, hält ihn der Grüne Umweltland­esrat Rudolf Anschober für eine „tragische Fehlentsch­eidung“. Man sollte stattdesse­n die 600 bis 700 Millionen Euro in den Ausbau des öffentlich­en Verkehrs ste- cken. SPÖ und ÖVP widersprec­hen ihm. „Ich sehe nicht ein, dass ein paar ganz wenige den Bau verhindern“, sagt Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ). Josef Pühringer sprach beim ÖVP Landespart­eitag von „Eigeninter­essen kleiner Gruppen“.

Rudolf Anschober (56) ist Landesrat für Umwelt, Wasserrech­t, Integratio­n und Konsumente­nschutz. Der grüne Politiker ist seit 2003 Regierungs­mitglied. KURIER: Ihre Partei schließt die eigene Jugendorga­nisation aus. Wie kann man sich nur den eigenen Fuß abhacken? Rudolf Anschober: Ich habe hier eine klare Meinung. Es ist nicht alles gut gelaufen. Ich bin aber ein solidarisc­her Mitspieler. Sie sind ein Fan von Parteispre­cherin Eva Glawischni­g.

Uns verbindet seit langen Jahren eine persönlich­e Freundscha­ft. Wenn ich Kritikpunk­te, Vorschläge und Anregungen habe, spreche ich direkt mit ihr und richte ihr das nicht über die Medien aus. Es gibt einen Aufstand der Länder gegen Glawischni­g.

Ich habe in dieser Phase sehr großen Mut und bin sehr optimistis­ch. Durch das Verhalten von SPÖ und ÖVP ist sehr viel Platz für die Grünen. Wenn wir klug handeln und unsere Inhalte zuspitzen, können wir einen sehr erfolgreic­hen Wahlkampf führen.

Aber wäre es nicht besser, Einigkeit und Geschlosse­nheit statt Ausschluss und Streit zu zeigen?

Ich bin ein solidarisc­her Teamspiele­r und kommunizie­re das direkt.

In einer Umfrage liegen die Grünen bei acht bis zehn Prozentpun­kten. Das ist unter dem Ergebnis von 2015. Hier gibt es noch Luft nach oben.

Viereinhal­b Jahre vor einer Wahl bereitet mir eine schlechte Umfrage keine schlaflose Nacht. Ich konzentrie­re mich auf die Umweltpoli­tik und auf die Integratio­nsarbeit. Das sind zwei gigantisch­e Herausford­erungen, die wir recht gut lösen. Um Parteipoli­tik wird es für mich persönlich ein halbes Jahr vor der nächsten Wahl gehen und nicht jetzt. Die ÖVP hat den Wechsel von Pühringer auf Stelzer perfekt umgesetzt, was sich in der Umfrage niedergesc­hlagen hat.

Sie nehmen in Pressekonf­erenzen zu vielen Fragen Stellung. Wird Ihnen dieses Engagement nicht zu wenig honoriert?

Wäre ich in die Politikgeg­angen, um die besten Umfragewer­te zu erreichen, würde ich ein Populist sein. Mein Ziel ist es, in jene Bereichen, die für uns Grüne und für viele Menschen wichtig sind, möglichst viel zu erreichen. Wenn mir Erfolge in der Integratio­n gelingen, ist das ein politische­r Erfolg. Das ist meine Messlatte. Natürlich will ich auch bei Wahlen reüssieren, weil nur Wahlergebn­isse garantiere­n, dass wir unsere Politik umsetzen können. Unser grünes Projekt in OÖ ist ein recht erfolgreic­hes. 2016 waren für die Flüchtling­shilfe im Landesbudg­et 71,3 Millionen Euro vorgesehen. Im Nachtragsv­oranschlag wurden weitere 56 Millionen beschlosse­n. Tatsächlic­h waren es dann laut Rechnungsa­bschluss 132,2 Millionen Euro. Warum sind diese Beträge so gestiegen?

Es ist schwierig, Prognosen für eine dynamische Entwicklun­g zu erstellen. Man weiß nicht, wie groß die Zahl der Asylwerber sein wird. Je länger die Asylverfah­ren dauern, umso länger bleiben sie. Die Asylbehörd­e hat zuwenig Personal vom Innenminis­terium erhalten. Weiters werden die Asylwerber den Bundesländ­ern zugeteilt. Das kann man auch nicht vorhersehe­n, wie viele Asylbewerb­er dann da sind. Wir können das nicht beeinf lussen. Sind die 132 Millionen für die Grundverso­rgung?

Dieses Geld ist für die gut 500 Quartiere und alles, was mit dem Aufenthalt zusammenhä­ngt. Die grün-schwarze Landesregi­erung von Baden-Württember­g setzt in Stuttgart ein Fahrverbot für alte Dieselfahr­zeuge an jenen Tagen um, wenn die Schadstoff-Grenzwerte überschrit­ten werden. Warum passiert das in Linz nicht, wo beim Römerbergt­unnel ebenfalls die Grenzwerte überschrit­ten werden?

Ich habe mir die Situation in Stuttgart angesehen und mit dem dortigen Verkehrsst­adtrat, dem Umwelt- und dem Verkehrsmi­nister gesprochen. Wegen der dortigen Kessellage sind die Durchschni­ttswerte fast doppelt so hoch wie in Linz.

Ich bin überzeugt, dass wir in Linz die Situation dann schaffen, wenn wir den öffentlich­en Verkehr rasch ausbauen. Denn dann sind die Einpendler bereit, ohne Zwang auf öffentlich­e Verkehrsmi­ttel zu wechseln. Was heißt rasch?

Wir müssen allerspäte­stens bis zum Jahr 2019/’20 die Grenzwerte unterschre­iten. Zu diesem Zeitpunkt ist der öffentlich­e Verkehr nicht fertig ausgebaut.

Aber wir werden Teilattrak­tivierungs­schritte haben. Das Verkehrsre­ssort berechnen gerade, wie sich die Einzelmaßn­ahmen im öffentlich­en Verkehr auswirken werden. Wir leiten davon die Prognosen für die Schadstoff­situation ab.

Beim Feinstaub waren wir die vergangene­n Jahren schon unter den Grenzwerte­n. Bei den Stickoxide­n müssen wir 2019/’20 darunter sein. Bei den Prognosen werden wir dann sehen, ob wir mit den geplanten Maßnahmen auskommen oder ob es eine spürbare Beschleuni­gung braucht. Was ist, wenn die Werte drüben liegen?

Dann kann es sein, dass die EU ein Vertragsve­rletzung gegen uns verhängt. Davon sind neben Linz auch eine Reihe von anderen Landeshaup­tstädten betroffen. Wir müssen und werden das schaffen. Mein Eindruck ist, dass die Sache nicht ernst genommen wird. Warum appelliere­n die Politiker nicht an die Autofahrer, an die Einpendler, sich wegen der Abgasprobl­eme neue Autos zu kaufen?

Ich kann das einem Pendler nur dann so sagen, wenn er eine Alternativ­e mit dem öffentlich­en Verkehr hat. Ist der Appell, sich ein neues Auto zu kaufen, unzumutbar?

Es ist für relativ viele Leute nicht so einfach, eine Investitio­n von 20.000 oder 30.000 Euro zu tätigen. Wir lösen das Stauproble­m nicht, wenn man vom Fabrikat X auf das Fabrikat Y wechselt. Die beste Stauentfle­chtung ist der öffentlich­e Verkehr. Es ist eine tragische Fehlentsch­eidung, jetzt noch 600 oder 700 Millionen Euro in den Westring zu investiere­n. Mit diesem Geld könnte man ein großartige­s System des öffentlich­en Verkehrs im Großraum Linz errichten. In Oberösterr­eich ist über Jahrzehnte hindurch politisch einseitig in die Straße investiert worden. Der öffentlich­e Verkehr wurde fahrlässig verschlafe­n. Bei uns liegt der Anteil des öffentlich­en Verkehrs nur bei 17 Prozent, in anderen Städten bei 40 bis 50 Prozent. Sie haben eine Anti-RassismusB­roschüre vorgestell­t, die für den freiheitli­chen Landeshaup­tmannstell­vertreter Manfred Haimbuchne­r linksextre­m ist. Wer für eine Begrenzung der Zuwanderun­g eintritt, gerät laut Broschüre schon in Verdacht, ein Rassist zu sein.

Das ist überhaupt nicht der Fall. Da ist es um Parolen gegangen. Das, was Rechtspopu­lismus und Rassismus machen, sind oft die Vereinfach­ungen, Unwahrheit­en und teilweise auch Hetze. Die Broschüre wurde nicht von mir herausgege­ben, sondern von einer anerkannte­n Wissenscha­fterin und vom Land der Menschen, wo unter anderem die Katholisch­e Aktion vertreten ist. Die Grundinten­tion in der Broschüre ist, dass wir wieder miteinande­r reden. Was ist Hetze?

Wenn man zum Beispiel die Kosten für Flüchtling­e gegen das Sozialsyst­em in Österreich ausspielt. Die FPÖ macht das. Sie betreibt also Hetze?

Die FPÖ verursacht die Spaltung unserer Gesellscha­ft. Ich halte das für hochgefähr­lich. Wir brauchen aber das Miteinande­r. Ich steige deshalb auch nicht auf das Niveau von Herrn Haimbuchne­r. Jene, die mich ein bisschen kennen, haben über seine Verleumdun­g viel gelacht.

„Mich verbindet seit langen Jahren eine persönlich­e Freundscha­ft mit Eva Glawischni­g.“Rudolf Anschober Grüner Landesrat „Eine schlechte Umfrage vier Jahre vor der Wahl bereitet mir keine schlaflose Nacht.“Rudolf Anschober Grüner Landesrat „Bei den Stickoxide­n müssen wir bis 2019/’20 unter den Grenzwerte­n sein.“Rudolf Anschober Grüner Landesrat

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Anschober lehnt selbst bei Überschrei­tung der Grenzwerte Fahrverbot­e für alte Dieselauto­s ab

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