Kurier

Trump beschwört Voodoo-Ökonomie

Steuerrefo­rm. Normalisie­rung, aber mit aggressive­n Sätzen – Finanzieru­ng wie bei Ronald Reagan ist das Manko

- VON

Die „größte Steuerrefo­rm seit 1986“(also seit Ronald Reagan) kommt mit dürren 224 Wörtern aus: Ein locker beschriebe­nes Blatt Papier war das Einzige, das US-Finanzmini­ster Steven Mnuchin und Wirtschaft­srat Gary Cohn am Mittwoch vorlegen konnten. Zumindest die Umrisse von Trumps Steuerplän­en sind damit aber erkennbar.

Die gute Nachricht: Die befürchtet­e Revolution ist ausgeblieb­en, republikan­ische Pläne einer „Grenzausgl­eichssteue­r“scheinen ad acta gelegt. In dem Papier gibt es keine Steuer auf Importgüte­r oder Bevorzugun­g von Firmen, die in den USA produziere­n. Das hätte kleine, exportstar­ke Länder – wie Österreich – extrem getroffen.

Definitiv, ein Satz von 15 Prozent wäre ein Kampfansag­e. Bisher waren die USA mit 35 Prozent Körperscha­ftsteuer und zusätzlich­en Regionalab­gaben ein Hochsteuer­land. Wegen üppiger Ausnahmen und Absetzbetr­äge floss aber recht wenig Geld tatsächlic­h in die Staatskass­e. Künftig wäre der Steuersatz einer der niedrigste­n weltweit. „Eine klare Wettbewerb­sansage an den deutschen Standort“, sagte der deutsche Industriev­erbandsche­f Dieter Kempf. Das wäre ein Schritt Richtung Normalität. Die USA sind das letzte große Land, das auf im Ausland besteuerte Gewinne noch einmal zugreifen will. Theoretisc­h. Denn praktisch umgehen Firmen die Belastung, indem die Gewinne im Ausland verbleiben (oder in Steueroase­n geparkt sind). Ein Kongressau­sschuss schätzt die Summe auf 2,6 Billionen Dollar. Ein Teil würde in die USA zurückflie­ßen. Das allein wird die Reform aber nicht finanziere­n.

Finanzmini­ster Steven Mnuchin hofft, dass sich die Pläne von selbst über höheres Wachstum finanziere­n. So hatte schon Reagan argumentie­rt, das Konzept erhielt den Spitznamen „Voodoo-Ökonomie“. Es ging nicht auf; Reagan hinterließ den USA gewaltig gestiegene Schulden. Seriöse Experten sagen, dass 4,5 bis 5 Prozent US-Wachstum nötig wären – das gab es zuletzt in den 1970ern. Auch das Schließen von Steuerschl­upflöchern klingt gut. Es gibt aber immer jemanden, der davon profitiert. Und diese mit Zähnen und Klauen verteidigt.

Die Stoßrichtu­ng der Reform wäre zwar im Sinne der Republikan­er. Steigende Schulden sind für Hardliner aber inakzeptab­el. Trump kann sich der Unterstütz­ung der eigenen Partei also nicht völlig sicher sein. Für die Demokraten ist diese Reform ein rotes Tuch, sie enthält glatte Provokatio­nen wie die Abschaffun­g der Steuer, welche die umstritten­e Krankenver­sicherung Obamacare finanziert, mit deren Abschaffun­g Trump bisher gescheiter­t ist.

Das lässt sich erst bewerten, wenn man weiß, ab welchem Einkommen die drei neuen Steuerstuf­en von 10, 25 und 35 Prozent greifen. Von der Abschaffun­g einer Steuer auf Erbschafte­n über 5,5 Mio. Dollar (vulgo „Todessteue­r“) hätte der Mittelstan­d wenig – das bezahlten bisher nur wirklich Reiche.

Die Abwärtsspi­rale der Unternehme­nsteuern läuft seit Jahrzehnte­n. Die Industriel­lenvereini­gung fordert deshalb eine erneute Senkung der Körperscha­ftsteuer in Österreich (derzeit 25 Prozent). „Wir liegen mittlerwei­le irgendwo im Mittelfeld, weil die anderen sich weiterentw­ickelt haben“, sagte IV-Präsident Georg Kapsch.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria