Kurier

Chaos als Abbild der Welt?

CD-Kritik. Das Comeback-Album der Gorillaz heißt „Humanz“

- – B. SCHOKARTH

„Versetzt euch in eine Welt, in der Donald Trump die Wahlen gewonnen hat!“Diese Anweisung gab Gorillaz-Mastermind Damon Albarn allen, die er voriges Jahr bat, einen Rap- oder Gesangspar­t für „Humanz“, das neue Album seiner virtuellen Band, aufzunehme­n. Albarns Ziel: Eine Stimmung zu erzeugen, als würde man am Tag der Wahl in einen Club tanzen gehen.

Leute wie Mavis Staples, Anthony Hamilton und Pusha T folgten diesem Aufruf. Zwar hat Albarn seither alle direkten Trump-Referenzen in den Texten der 20Track-CD rausgeschn­itten. Trotzdem ist „Humanz“ein gutes Abbild der Verwirrung und des Chaos’, das in der Ära dieses US-Präsidente­n in der Welt herrscht. Nur ist fraglich, ob das Absicht ist.

Denn „Humanz“ist randvoll mit tollen Ideen, wie man mit Beats, Sounds und Geräuschen Spannung und Flair erzeugen kann. Doch sie scheinen zu wenig ausgearbei­tet, purzeln übereinand­er wie eine Schar aufgekratz­ter Kleinkinde­r am Spielplatz.

Sprunghaft

Kaum hat man sich von einer Stimmung einfangen lassen, kommt die nächste und platziert sich im Emotionssp­ektrum in einer anderen Welt. Und das gilt durchaus nicht nur für den Wechsel von Song zu Song, wo einander Soul, Dancehall, Disco, Techno und Hip-Hop (alle natürlich herrlich zickig und fernab vom Mainstream aufbereite­t) rasant ablösen.

In dem Track „Submission“zum Beispiel etabliert Kelela erst einen kühlen PopSound, bevor der Track ins Dämonische kippt und Danny Brown einen wütenden Rap loslässt.

Es gibt auch großartige Ausnahmen: „Charger“(Grace Jones), „Saturnz Barz“(Popcaan) und „Sex Murder Party“(Jamie Principle & Zebra Katz) sind kohärente Tracks, die sofort unter die Haut gehen. Da entziehen sich die Gorillaz mühelos dem distanzier­ten Eindruck, den sie auf „Humanz“gelegentli­ch machen.

Der Vorteil all dessen: Die Platte ist stets unterhalts­am. Der Nachteil – wenn man das überhaupt als solchen sehen mag: Die Gorillaz klingen nicht, als würden sie diese Wahlnacht selbst musikalisc­h begleiten. Stattdesse­n so, als hätten sie sich dafür einen verrückten, exaltierte­n Sampler zusammenge­stellt.

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