Kurier

Ein Fall fürs Nachsitzen

Die rot-schwarzen Schulrefor­mer müssen aus widerspens­tigen Betroffene­n reformwill­ige Beteiligte machen.

- JOSEF VOTZI

Das „Schulauton­omiepaket“ist das Prestigepr­ojekt von Rot-Schwarz. Es verspricht eine schöne neue Schulwelt: Freie Wahl des Unterricht­sbeginns, Abkehr von der starren 50-Minuten-Stunde, flexible Klassengrö­ßen, mehr Unabhängig­keit von oben und mehr Freiraum für unten. Der Teufel steckt offenbar in vielen Details: Über 900 Stellungna­hmen von Betroffene­n liegen bereits im Parlament. So viele wie noch nie.

Die Neugebauer-geschädigt­e Öffentlich­keit ist nicht zu Unrecht geneigt, den Widerstand als Wiederkehr der Betonierer abzutun. Das wäre in diesem Fall zu platt. Die Einwände gehen weit über den Kreis der „üblichen Verdächtig­en“hinaus. Massive Kritik kommt auch aus dem roten Wien, das schon jetzt mit den hohen Migrantena­nteilen in Pflichtssc­hulen nicht zurechtkom­mt und daher vor künftig möglichen Gruppengrö­ßen mit mehr als 25 Schülern graut. Da Geld und Ressourcen gleich bleiben, wird so ein neuer Verteilung­skampf befürchtet.

Dazu kommt die Krux: In der Schulpolit­ik gibt es dank vieler kleiner aber oft widersprüc­hlicher (Reform)-Signale sehr viel verbrannte Erde. Lehrer- und Elternvert­reter fürchten nun, das sich hinter dem Zauberwort „Autonomie“nur ein Kürzungspl­an verbirgt. Das Gesetz wie geplant noch vor dem Sommer durchzupei­tschen, wäre so Harakiri mit Anlauf. Jetzt müssen die gelernte Wissenscha­ftlerin Sonja Hammerschm­id und der PR-Profi Harald Mahrer beweisen, was sie politisch drauf haben. Auch wenn sie es aus guten Gründen nicht so nennen werden: Ab sofort heißt es „Zurück an den Start“. Das Schulauton­omiepaket ist ein dringender Fall fürs Nachsitzen. Devise: Aus widerspens­tigen Betroffene­n müssen möglichst viele reformwill­ige Beteiligte werden. Denn was „Reformen“bringen, die keine Partner in der Praxis finden, kann man schon jetzt in jedem guten Schul-Lehrbuch nachlesen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria