„Gut für SchulProjekte“Frust über neue Reformen „Nicht zu Ende gedacht“
Direktor Josef Reichmayr leitet die Integrative Lernwerkstatt Brigittenau. Sein Schulverband – eine öffentliche Ganztagsschule und Gemeinsame Schule für 6- bis 15-Jährige in einer gemeinsam geführten Volks- und Neuen Mittelschule – nimmt bereits viel vorweg, was mit der Reform für alle möglich sein soll.
So sieht er auch die Auflösung der 50-Minuten-Einheiten („für Schulen, die einen ganzheitlichen Lern-Ansatz verfolgen, eine Unterstützung und Legalisierung der Arbeit“) positiv, als auch die Freigabe der 25Schüler-Klassengrößen („für einen projektorientierten Lern-Ansatz mit variablen Vertiefungsgebieten und einem Wechsel von Klein- und Großgruppenarbeiten“).
Zwei wesentliche Elemente vermisst er in der Reform: Statt Lehrer-Stunden zu zählen, plädiert er für eine verpflichtende Anwesenheits- und Arbeitszeit von zum Beispiel 30 Stunden pro Woche. Und er schlägt ein besseres Betreuungsverhältnis für Schüler mit nicht-deutscher Muttersprache vor. Direktorin Isabella Zins vom BORG Mistelbach ist kritisch, für sie ist die Bildungsreform „im besten Fall gut gemeint“. Die Lehrer hätten nicht, wie das Ministerin Hammerschmid glaube, bloß „Angst vor den neuen Gestaltungsmöglichkeiten“. Wer mit Lehrern spreche, erlebe „keinen wahrnehmbaren Wunsch nach Clustern, der Inklusion oder der Abschaffung der Klassenschülerhöchstzahlen oder Teilungszahlen“. Thema unter den Lehrern sei vielmehr „die zunehmende Belastung, durch die schwieriger werdenden Bedingungen in den Klassen und den enormen Mehraufwand durch die Dauerreformen der letzten Jahre, der in der Öffentlichkeit paradoxerweise als Stillstand wahrgenommen wird. Lehrer aller Schularten empfinden zunehmend Ohnmacht gegenüber dem, was ‚von oben‘ verordnet wird, sowie Frustration und Resignation.“Und als neu propagierte Methoden wie das kompetenzorientierte Unterrichten hätten ohnehin längst im Schulalltag Einzug gehalten. Direktor Thomas Douschan von der HLA Baden sieht besonders kritisch, dass ständig Neues begonnen werde, „ohne das Ganze zu Ende zu denken. Mich stört, dass man jene, die betroffen sind und operativ in den Schulen arbeiten, weder im Vorfeld, noch in der Durchführung und auch nicht in der Evaluierung befragt. Jeder Minister und jede Ministerin, die im Bildungsbereich tätig ist, will meines Erachtens nur einen Akt der Selbstverwirklichung setzen, ohne wirklich zu hinterfragen, was das für den Schulalltag und die Schüler bringt.“
Konkret ärgert er sich über das Tempo der letzten Reformen, bei der Zentralmatura oder der neuen Oberstufe. „Das waren alles massive Veränderungen.“
Welche Reform würde er sofort umsetzen? „Sofort würde ich gar keine Reform haben wollen. Zuerst sollten wir alle Betroffenen fragen, wo sie Potenzial für Verbesserungen sehen – und das dann unter Einbeziehung aller Beteiligten auch Schritt für Schritt umsetzen.“