Spürte die Bedrohung“Heinz Fischer: Präsident a.D. im Unruhestand
Voller Kalender. Ex-Staatsoberhaupt redet über den 8. Mai, vermittelt in Konflikten, bereitet Republiksfeier vor
Einer, der am 8. Mai 1945 auch ein Kind war, aber dennoch sehr viel über den Umgang Österreichs mit seiner belastenden Historie weiß, ist Ex-Bundespräsident Heinz Fischer. Er wird dazu von ORF III anlässlich des Gedenktages ausführlich interviewt.
Das frühere Staatsoberhaupt ist überhaupt nach wie vor ein äußerst gefragter Mann. Wer dachte, Fischer genießt nun, mit 78 Jahren, seinen wohlverdienten Ruhestand, widmet sich nur noch der Familie und geht wandern, der irrt also gewaltig.
Der Bundespräsident a.D. hat einen vollen Terminkalender. „Er geht fast täglich ins Büro“, wird in seinem Umfeld erzählt. Fischer wurde von der Regierung beauftragt, die Feiern zum 100-Jahr-Jubiläum der Republik vorzubereiten. Daher hat er am Ballhausplatz nach wie vor einen Arbeitsplatz – allerdings nicht in der Hof burg, sondern vis-à-vis im Bundeskanzleramt. Das ist Fischers derzeitiger Hauptjob. Nebenbeschäftigungen nimmt er aber auch immer wieder an. So reiste er vor knapp zwei Wochen im Auftrag von Außenminister Sebastian Kurz, dem aktuellen OSZE-Vorsitzenden, nach Baku und Eriwan, um im Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien zu vermitteln.
Politiker und Persönlichkeiten aus dem Inund Ausland pflegen auch noch den Kontakt. Als Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel in Wien weilte, wollte er Fischer treffen. Dasselbe galt für US-Investor George Soros.
Vorträge in der Türkei und den USA
Häufig wird der ehemalige Spitzenpolitiker zu Diskussionen eingeladen oder für Vorträge angefragt. „Im Juni spricht er an drei amerikanischen Unis. Er kann gar aber nicht alle Einladungen annehmen“, schildern Vertraute. Angenommen hat er jene des türkischen Ex-Präsidenten Abdullah Gül Anfang April zum 20. Eurasian Economic Summit in Istanbul. Fischer referierte dort über Frieden, Sicherheit und Demokratie. Couragiert beurteilte er dabei die Entwicklungen im Land – wie etwa die mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe und die „Säuberungsmaßnahmen“nach dem Putschversuch. Er strich aber auch hervor, dass detto die EU gefordert sei. Fischer als Verbinder, wie eh und je. Darin versucht er sich auch in seiner Funktion als Präsident der österreichisch-chinesischen Gesellschaft.
Bei all diesen Aufgaben bleibt naturgemäß wenig Freizeit. Die Wochenenden verbringt Fischer meist mit Ehefrau Margit im Haus auf der Hohen Wand. Dort wird gegartelt und gewandert – und mit den drei Enkerln gespielt, ehe es den Großvater im Unruhestand wieder ins Büro oder zu einem seiner vielen Termine zieht.