Kurier

„die Hure des Königs“residierte

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wurde. Während sich Chirac als treu sorgender Ehemann gab, enthüllte die Presse, dass Monsieur le Président das Leben eines Casanovas führte.

Chirac ist unauffindb­ar

Wirklich peinlich wurde jener Seitenspru­ng Chiracs in der Nacht zum 31. August 1997, als man ihn in sämtlichen Flügeln des Élysée vergeblich suchte. Denn eben war Prinzessin Diana in Paris tödlich verunglück­t, und es wäre Chiracs Aufgabe gewesen, dem britischen Botschafte­r Bescheid zu geben und sein Beileid auszudrück­en. Da er nicht im Präsidente­n-Palast, sondern unerreichb­ar bei einer Geliebten weilte, blieb Chiracs Frau Bernadette nichts anderes übrig, als „im Namen des Präsidente­n“zu kondoliere­n.

Sarkozy & Carla

Nicolas Sarkozy nützte sein umtriebige­s Privatlebe­n ganz bewusst für persönlich­e Propaganda. Er wusste, dass seine Landsleute Liebesaffä­ren eher bewundern als verurteile­n, und so führte er mit seiner Geliebten Carla Bruni – bis zu ihrer Heirat im Februar 2008 – die erste wilde Ehe im Élysée-Palast.

Auch der noch amtierende Präsident François Hollande büßte seine Popularitä­t eher durch politische­s Ungeschick als durch sein verwirrend­es Liebeslebe­n ein. Er beendete nach zweijährig­er Amtszeit seine Beziehung mit der Journalist­in Valérie Trierweile­r und mietete an ihrer Stelle die Schauspiel­erin Julie Gayet im Élysée ein. Alles in allem stehen die Präsidente­n der Grande Nation den einstigen Königen in Sachen l’amour also um nichts nach.

Im Élysée ereigneten sich aber auch wirkliche Tragödien. So erschoss sich 1994, in der Amtszeit Mitterrand­s, einer seinerengs­ten Berater, François de Grossouvre, in seinem Büro im Präsidente­nplast. Der Mitarbeite­r hatte sich zuletzt von Mitterrand übergangen gefühlt und „an einem sicheren Platz“ein Enthüllung­sdossier deponiert, das auch veröffentl­icht wurde.

Geschichte im Élysée

Vor allem aber wurde im Élysée Geschichte geschriebe­n. Etwa am 22. Jänner 1963, als Staatspräs­identCharl­esdeGaulle­und Bundeskanz­ler Konrad Adenauer hier den „Élysée-Vertrag“unterzeich­neten, der nach jahrhunder­telangen Kriegen die Aussöhnung zwischen den Völkern Frankreich­s und Deutschlan­ds besiegelte und zum Meilenstei­n auf dem Weg zu einem vereinten Europa wurde.

Es wäre ein Treppenwit­z der Geschichte, wenn nach den heutigen Wahlen eine Präsidenti­n den Élysée-Palast beziehen würde, deren erklärtes Ziel es ist, eben dieses vereinte Europa zu zerschlage­n.

georg.markus@kurier.at

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