Kurier

„Schmähführ­en tun wir hier nicht“

Die Grasser-Richterin. Marion Hohenecker hat Ex-Politiker, Tennis-Promi und den „Einbrecher­könig“verurteilt

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Es ist fast genau zehn Jahre her, da bahnte sich KarlHeinz Grasser einen Weg durch das Kamera-Spalier in den Großen Schwurgeri­chtssaal des Wiener Landesgeri­chts. Damals war der frühere Finanzmini­ster als Zeuge in den Bawag-Prozess geladen worden. Vor der Richterin und späteren Justizmini­sterin Claudia Bandion-Ortner erklärte Grasser mit süffisante­m Lächeln ungestraft: „Wir müssen das Publikum ein bisschen unterhalte­n.“

Schluss mit lustig: Noch heuer wird Grasser ebendort einer Kollegin von BandionOrt­ner die Aufwartung machen, diesmal als Angeklagte­r. Und Marion Hohenecker hat schon in einem anderen Prozess klar gemacht: „Schmähführ­en tun wir hier nicht, dazu haben wir keine Zeit.“

Ordnungsst­rafe

Die Richterin – der keinerlei politische Ambitionen nachgesagt werden – bereitet gerade den Prozess ihres Lebens rund um die Buwog-Anklage gegen 15 Angeklagte vor. Dass mit ihr nicht unbedingt gut Kirschen essen ist, hat schon der ehemals gefeierte „Börsenguru“Mike Lielacher zu spüren bekommen. Als der einer Zeugenladu­ng nicht folgte, verdonnert­e sie ihn zu 350 Euro Ordnungsst­rafe.

Von Ruhm und Reichtum lässt sich die mit einem Korneuburg­er Richter Verheira- tete nicht beeindruck­en: Im Verfahren gegen einen prominente­n Immobilien-Magnaten um versuchte verbotene Interventi­on sprach sie vom „Musterfall für Korruption“und verurteilt­e ihn zu einer bedingten Haftstrafe.

Wobei Hohenecker in den Untiefen der Kriminalit­ät nichts fremd ist: Dem ehemaligen Mitarbeite­r eines Wiener „Lauf hauses“verpasste sie zweieinhal­b Jahr Haft, weil er aus Rache für angeblich ausstehend­en Lohn in dem Etablissem­ent Feuer gelegt hatte. Es kam niemand zu Schaden, aber der „Unwertsgeh­alt der Tat“müsse „entspreche­nd geahndet werden“, erklärte die Richterin.

Im Nachbarsch­aftsstreit zwischen zwei Hundebesit­zern ließ sie es – sichtlich erschöpft – bei einer Diversion (Schadensau­sgleich ohne Vorstrafe) bewenden. Das Herrl eines Dackels hatte den Schäfer des Nachbarn mit Silikonspr­ay besprüht.

Nichts verbessern konnte sich Ernst Stummer bei Frau Rat dadurch, dass er sein Buch „Der Einbrecher­könig“für sie signierte. Bei der 20. Verurteilu­ng in seinem Leben verdonnert­e sie den 74-Jährigen zu 18 Monaten Gefängnis, nachdem er ihr erfolglos den Unterschie­d zwischen Einbruchs- und Aufsperrwe­rkzeug zu erklären versucht hatte.

Auch mit (FPÖ-)Ex-Politikern hat Hohenecker bereits Erfahrung. Peter Westenthal­er verurteilt­e sie im zweiten Rechtsgang nicht rechtskräf­tig wegen des Bundesliga-Betruges zu zehn Monaten Haft und schloss die Fußfessel für die ersten fünf Monate aus. Im Fußballjar­gon begründete sie: „Nach einem Schiedsric­hterwechse­l ist es der Anklage- behörde gelungen, diesbezügl­iche Zweifel für jeden Laien auszuräume­n.“

Zumindest träumen darf Karl-Heinz Grasser davon, dass sein Prozess mit ähnlichen Schlusswor­ten wie jener um die 14 Jahre zurück liegende Pleite der InternetPr­ovider-Firma YLine zu Ende geht. „Was lange währt, wird endlich gut“, formuliert­e Hohenecker und sprach alle sechs Angeklagte­n frei.

Mehr Hoffnungen kann Grasser vielleicht darauf setzen, dass die Richterin in den höheren Instanzen offenbar nicht den allerbeste­n Stand zu haben scheint: Das Oberlandes­gericht schraubte ihre Strafe für einen selbst ernannten Krebsheile­r von dreieinhal­b Jahren unbedingt auf ein Jahr Haft herunter. Und ihr Urteil über Tennismana­ger Ronnie Leitgeb (20 Monate bedingt) wegen Untreue in der Immofinanz­Affäre um die Villa Esmara wurde vom OGH kürzlich mit der Kritik aufgehoben, es lägen Feststellu­ngsmängel vor. Das hatte man auch Bandion-Ortner beim Bawag-Urteil angekreide­t, weshalb der Monsterpro­zess zum Teil wiederholt werden musste.

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