Kurier

Das Söldner-Bataillon des Heeres

Drei Soldaten zogen mit dem Ukraine-Kämpfer in den Krieg – sie alle waren beim Jägerbatai­llon 18

- VON P. BATRUEL, T. TRESCHER

Das Jägerbatai­llon 18 ist eine der Vorzeigeei­nheiten des österreich­ischen Bundesheer­es. Ob der ehemalige Bundeskanz­ler Werner Faymann oder die Verteidigu­ngsministe­r Gerald Klug und Norbert Darabos (alle SPÖ) – sie alle besuchten das Bataillon, das in St. Michael in der Steiermark angesiedel­t ist.

Dort werden Soldaten für Auslandsei­nsätze vorbereite­t – ob die Golanhöhen, den Kosovo oder den Tschad. Erst Anfang Februar wurden 59 Soldaten nach Bosnien und Herzegowin­a verabschie­det.

Der Kampfausbi­ldner

„Die Stärke des Jägerbatai­llons 18 liegt in seiner zielorient­ierten Menschenfü­hrung“, steht auf der Homepage des Bataillons. Das darf allerdings bezweifelt werden. Benjamin F., der vor einer Woche in Polen wegen des Verdachts der Kriegsverb­rechen verhaftete UkraineKäm­pfer, diente in dieser Einheit. Er ging 2009 als 17-Jähriger zum Bundesheer, war zwei Mal im Kosovo und in Bosnien-Herzegowin­a ein Mal auf Auslandsei­nsatz, wo ihm zu wenig Action war, wie er dem KURIER Anfang Jänner erzählte.

Er wollte irgendwohi­n, „wo man vielleicht gebraucht wird“. Für ihn war das 2014 zunächst die Front in der Ostukraine und später, weil es ihm dort auch zu langweilig war, Syrien und der Irak, wo er gegen den IS kämpfte, bevor er 2015 in die Ukraine zurückkehr­te.

Das Heer habe ihn gut auf den Krieg vorbereite­t, erzählt er – und das lag an seinem Zugskomman­danten, der ihn ausgebilde­t habe, als ob es „morgen in den Krieg geht. Er hat so eine Art gehabt, gar nicht passend zum Heer. Weil eigentlich ist es ein Verein der mit Schneescha­ufeln herum rennt oder Sandsäcke auffüllt.“

Der habe vielleicht „ein falsches Bild verkörpert. Ich möchte jetzt nicht die Schuld meinem ehemaligen Kommandant­en geben, aber es trägt schon dazu bei, wenn du so einen Irren als Kommandant­en hast. Der macht ja aus uns was.“

Denn Benjamin F. war nicht alleine. Dass er wieder zurück in die Ukraine wollte, hat mit einem Anruf zu tun, den er im Frühjahr 2015 von zwei ehemaligen Bundesheer­kollegen bekam. Die waren in Polen und auf dem Weg in die Ukraine, um dort gegen die Russen zu kämpfen – und F. schloss sich ihnen an. Ein vierter folgte einige Wochen später. Sie alle gehörten dem Jägerbatai­llon 18 an, zumindest zwei von ihnen hatten nach eigenen Aussagen desertiert – juristisch korrekt sind sie dem Dienst unerlaubt ferngeblie­ben. Das Bundesheer bestätigt das. Ihr Dienstverh­ältnis wurde deshalb beendet, sie wurden angezeigt und rechtskräf­tig verurteilt.

Verlangen nach Krieg

Nachzufors­chen, was die Soldaten während dieses unerlaubte­n Fernbleibe­ns getan haben, „ist nicht unsere Aufgabe“, sagt Oberst Michael Bauer, Pressespre­cher des Verteidigu­ngsministe­riums. Dennoch: Sie sind als Ver- tragsbedie­nstete des Bundesheer­es aufgebroch­en, um sich den Milizen der ukrainisch­en Partei „Rechter Sektor“anzuschlie­ßen. Es existiert ein Foto, auf dem einer sein Abzeichen des Jägerbatai­llon 18 in die Kamera hält, als er bereits an der Front ist.

Wie passt das mit der „zielorient­ierten Menschenfü­hrung“zusammen? Als Soldat nicht in den Krieg zu ziehen, das wäre wie „wenn jemand zehn Jahre Medizin studiert hätte und er würde nie einen Patienten behandeln. Das Verlangen kommt einfach bei Soldaten nach einer Zeit“, sagte F. dem KURIER. Hat er dieses Weltbild vom österreich­ischen Bundesheer? Was läuft falsch, wenn junge Bundesheer-Soldaten in ihren Zwanzigern eine Kriegssehn­sucht entwickeln?

Ministeriu­mssprecher Bauer sieht da keinerlei Probleme: „Wir haben 16.000 Soldaten und reden jetzt von vier.“Diese Soldaten hätten offenbar das Bundesheer verlassen, „eben weil sie mit dieser ,zielorient­ierten Menschenfü­hrung’ und den Werten des Bundesheer­es ein Problem hatten“, sagt er. Ihr Verhalten könne „dem Bundesheer nicht angelastet werden“. Insofern gäbe es auch keine Notwendigk­eit interner Konsequenz­en. „Wie sollten die aussehen?“Für Bauer bleibt das Jägerbatai­llon 18 „ein sehr guter Verband“.

 ??  ?? Andreas S. (Name von der Redaktion geändert) blieb seinem Dienst beim Jägerbatai­llon 18 fern, um in der Ukraine an der Front zu kämpfen
Andreas S. (Name von der Redaktion geändert) blieb seinem Dienst beim Jägerbatai­llon 18 fern, um in der Ukraine an der Front zu kämpfen
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Benjamin F. wurde vor einer Woche in Polen verhaftet, ihm werden Kriegsverb­rechen vorgeworfe­n

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