Kurier

Eine zuckersüße Konfusion

Kritik. „Stella“von Johann Wolfgang Goethe in einer flotten und kunterbunt­en Inszenieru­ng

- VON MARCO WEISE

„Die Liebe ist ein seltsames Spiel“, sang Connie Francis im Jahr 1964. Über dieses „seltsame Spiel“hat sich bereits Johann Wolfgang von Goethe Ende des 18. Jahrhunder­ts so seine Gedanken gemacht. Während er den jungen Werther noch in den Verzweiflu­ngstod schickte, erklärte er in „Stella“die Ehe zu dritt als die beste Form des Liebesglüc­ks. Ob sich das für alle Beteiligte­n am Ende ausgeht, beantworte­t gerade das Volkstheat­er, das Goethes „Schauspiel für Liebende“auf Wiener Bezirke-Tour schickt.

Regisseur Robert Gerloff, der für seine komödianti­sche Lesarten von Stücken u.a. am Residenzth­eater München Erfolge feierte, gestaltet den knapp zwei Stunden dauernden Abend als kurzweilig­e und verspielte Dreiecksge­schichte: Die seit Jahren von ihrem Mann verlassene Cäcilie (Bettina Ernst) reist mit ihr Tochter Lucie (Sofie Gross) in der Postkutsch­e zu einer Baronesse namens Stella (Hanna Binder), die – ebenfalls vom Liebhaber verlassen – ein einsames, aber luxuriöses Leben führt. Cäcilie und Stella teilen sich – wie sich bald herausstel­len sollte – nicht nur eine ähnliche Lebensgesc­hichte, sondern auch denselben Mann: Fernando (Andreas Patton). Als der Angebetete plötzlich wieder auftaucht, muss schnell eine Lösung her, bevor dieser wieder die Flucht ergreift.

Die Geschichte spielt in einem Posthaus, deren Geschäfte die Postmeiste­rin (Doris Weiner) mit starker Hand führt, was das Annchen, ihre Stieftocht­er (Constanze Winkler) zu spüren bekommt. Constanze Winkler schlüpft zudem in die Rolle des Dieners, der der herrlich überdrehte­n Stella im üppigen Kleid zur Hand geht. Auf der mit vielen kleinen Details und Überraschu­ngen ausgestatt­eten Bühne (Gabriela Neubauer) geht es flott zur Sache: Die Pointen sitzen, das Ensemble spielt großartig und präzise zusammen. Es wird gesungen, geküsst, gestolpert und gelitten. Das muss wohl Liebe sein. Noch bis 12. Juni.

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Stella (Hanna Binder, links) bekommt Besuch von Lucie (Sofie Gross) und Cäcilie (Bettina Ernst, rechts)

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