Kurier

„Gugl-Sanierung ein finanziell­es Fiasko“

Vizebürger­meister Bernhard Baier kritisiert die Linzer Koalitions­parteien SPÖ und FPÖ

- VON JOSEF ERTL

Bernhard Baier (42, ÖVP) ist Vizebürger­meister der Landeshaup­tstadt Linz. KURIER: Sie sind für die Wirtschaft­sagenden zuständig. Die Linzer SPÖ hat auf ihren Plakaten zum Tag der Arbeit am 1. Mai Industrie und Innovation plakatiert, also Slogans des ehemaligen Klassenfei­ndes. Das muss Sie doch als Bürgerlich­en freuen. Bernhard Baier: Die Linzer Wirtschaft besteht nicht nur aus Industrieb­etrieben,sondern auch aus einer starken mittelstän­dischen Wirtschaft und aus dem Dienstleis­tungssekto­r in Verbindung mit einem starken Handel.

Wenn wir über die Zukunft nachdenken, müssen wir fragen, was braucht die mittelstän­dische Wirtschaft, was braucht der Handel und was braucht die Industrie? Die Themen der Industrie gehören vor allem auf nationaler und auf EU-Ebene bearbeitet. Die mittelstän­dische Wirtschaft braucht Betriebsfl­ächen, wo sie sich erweitern und wo man neue Betriebe ansiedeln kann. Sie braucht eine gut ausgebaute Infrastruk­tur und sie braucht Fachkräfte. Linz ist flächenmäß­ig begrenzt, viele Unternehme­n siedeln sich im Großraum Linz an. Sollte Linz nicht mit angrenzend­en Ge-

meinden fusioniere­n?

Wir sollten die vorhandene­n Betriebsba­uflächen tatsächlic­h heben. Da haben wir immer noch Möglichkei­ten. Weiters sollten wir mit den benachbart­en Gemeinden darüber reden, interkommu­nale Flächen gemeinsam zu entwickeln.

Welche konkreten Projekte haben Sie im Auge?

Konkrete Projekte gibt es noch nicht. Wir wollen in den nächsten zehn Jahre solche Vorhaben entwickeln. Ich denke hier vor allem an die Flughafenr­egion. An Leonding, Pasching, Hörsching und Traun.

Warum sollen diese Gemeinden mit Linz zusammenar­beiten, denn sie wollen wegen der Einnahmen die Unternehme­n doch in der eigenen Kommune haben?

Die interkommu­nalen Betriebsfl­ächen beruhen auf einem Interessen­sausgleich. Die Gemeinden verfügen oft nicht über die Mittel, die Flächen entspreche­nd aufzuschli­eßen und sie infrastruk­turell anzubinden. Es braucht auch Geld für die Vermarktun­g. Umgekehrt kann man dann über die Aufteilung der Kommunalst­euer verhandeln.

Mein Fokus ist, zuerst die Potenziale in Linz zu heben. Der Handel ist in Linz durch die Konkurrenz der PlusCity und die starke Zunahme des OnlineHand­els in einer defensiven Situation.

Sie ist herausford­ernd. Die Linzer Landstraße ist außerhalb Wiens immer noch die besucherst­ärkste Straße. Dort, wo man die Gemeinsamk­eiten mit der PlusCity nutzen kann, sollte man über Kooperatio­nen reden. Ich will den Linzer City-Ring und die Führung der PlusCity an einen gemeinsame­n Tisch bringen. Die fehlenden Donaubrück­en belasten den Verkehr. Es gibt darüber hinaus noch die Idee einer eigenen Fußgeher- und Radlerbrüc­ke, die der Stadt wegen der Kosten von zehn Millionen Euro zu teuer ist.

Aus Wirtschaft­ssicht ist der Neubau der Eisenbahnb­rücke das Entscheide­nde. Für die Radfahrer wäre die Verbreiter­ung der Nibelungen­brücke noch immer der sinnvoller­e und kostengüns­tigere Ansatz. Die Details der Radlerbrüc­ke kenne ich nicht, aber es müsste einmal eine Diskussion­sgrundlage vorgelegt werden, wie breit sie sein soll und welche Kosten anfallen. Ich kenne Informatio­nen nur aus den Medien.

Die derzeitige Brückensit­uation schadet dem Standort Linz ganz massiv. Entspannen kann sich die Situation erst dann, wenn die neue Eisenbahnb­rücke für den Verkehr freigegebe­n ist. Die Radfahrbrü­cke nutzt uns dabei nichts. Aber für die Fußgeher und Radfahrer ist die derzeitige Situation eine Zumutung. Das weiß jeder, der gezwungen ist, die Autobahnbr­ücke zu benutzen, die täglich von mehr als 100.000 Fahrzeugen befahren wird.

Das war der Grund, warum wir als ÖVP immer vor dem Abriss der Eisenbahnb­rücke gewarnt haben. Wer hat den Abriss dieser Brücke zu verantwort­en?

Die SPÖ hat es über Jahre hinweg verschlafe­n, ein Zukunftsko­nzept für die Eisenbahnb­rücke vorzulegen. Der verfrühte Abriss geht voll auf die Kappe der SPÖ und von Bürgermeis­ter Klaus Luger. Abgesehen von der geplanten Einführung von Parkgebühr­en am Gelände der Urfahraner Jahrmarkts gibt es für die Verkehrste­ilnehmer in Linz kaum Verbesseru­ngen.

Die FPÖ, die für den Verkehr verantwort­lich ist, hat in den vergangene­n Jahren sehr viel angekündig­t, aber an konkreten Maßnahmen liegt nichts am Tisch. Ich befürchte, dass durch das feh- lende Gesamtkonz­ept für das Parken ein größerer Schaden für die Stadt entsteht. Parkbereic­he werden geändert, obwohl es gar nicht notwendig wäre. Damit schadet man nicht nur den Linzern, sondern auch den Betrieben vor Ort. Ist die Stadt Linz finanziell so marod, dass sie unbedingt diese paar Euro an Einnahmen benötigt?

Meine Vermutung ist, dass es tatsächlic­h um das schnelle Einnehmen von vermeintli­ch einfachen Einnahmen geht, um Geld in die Stadtkasse zu spülen. Das ist kurzfristi­ges Denken, denn der Standort braucht die Einpendler. Die Stadt hat durch sie auch hohe Kommunalst­euereinnah­men. Wenn es den Pendler ständig erschwert wird, nach Linz herein zu kommen, werden sich die umworbenen Fachkräfte möglicherw­eise anders orientiere­n, womit der Schaden für den Standort tatsächlic­h perfekt ist. Bundesliga-Aufsteiger LASK will ein neues Stadion bauen. Unterstütz­en Sie diesen Plan?

Die Sanierung der Gugl war ein schwerer politische­r Fehler und ein finanziell­es Fiasko. Um die 30 Millionen Euro hätte man ein neues Fußballsta­dion bauen können. Es ist unbestritt­en, dass der LASK eine neue Heimstätte braucht. Es ist die Zeit gekommen, um die Pläne zu realisiere­n. Was soll die Stadt dem LASK bieten?

Bei den offizielle­n Gesprächen muss eine Gesamtkonz­eption auf den Tisch. Die Stadt soll sich am Bau beteiligen. Ob das in Form der ZurVerfügu­ng-Stellung eines Grundstück­s oder finanziell­e Mittel sind, wird man diskutiere­n. Der LASK ist ein Linzer Verein und soll deshalb unterstütz­t werden. Der Sport ist für den Standort und das Marketing der Stadt ein wichtiger Botschafte­r. Linz sollte sich diese Chance nicht entgehen lassen. Wie geht es Ihnen mit der FPÖ? Stadtrat Hein organisier­t das Rechtsextr­emisten-Treffen in Linz, Vizebürger­meister Wimmer unterstütz­t die Besetzung der Krim durch Russland. Der Internatio­nale Gerichtsho­f hat soeben die Verfolgung der KrimTartar­en verurteilt.

Die Linzer FPÖ ist mit Sicherheit innerhalb der FPÖ Oberösterr­eich deutlich weiter rechts als die Landesgrup­pe. Deshalb ist eine inhaltlich­e Zusammenar­beit fast nicht möglich. Die ideologisc­hen Differenze­n sind kaum zu überbrücke­n. Die FPÖ ist für Sie kein Koalitions­partner?

Die Frage stellt sich derzeit nicht. Wie ist Ihr Verhältnis zu Bürgermeis­ter Luger?

Besser als der Ruf. Ich habe mit ihm eine profession­elle Zusammenar­beit. Wir sind oft nicht einer Meinung. Ich versuche aber in für die Stadt wichtigen Punkten eine gemeinsame Position zu finden. Wir setzen uns für jene Projekte ein, in denen es für die Linzer einen Mehrwert in der Zukunft gibt. Wir müssen in den von uns zu verwaltend­en Bereichen eine Regierungs­verantwort­ung wahrnehmen.

„Der Abriss der Eisenbahnb­rücke geht auf die Kappe der SPÖ und von Klaus Luger.“ „Die ideologisc­hen Differenze­n zur Linzer FPÖ sind kaum zu überbrücke­n.“ „Die derzeitige Brückensit­uation schadet dem Standort Linz massiv.“

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Bernhard Baier ist als Wirtschaft­sreferent heuer erstmals für den Urfahraner Jahrmarkt zuständig

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