Kurier

Keine Werbung für Todesstraf­e

Deutschlan­d. Asyl für türkische Soldaten, Merkel will Werbung für Todesstraf­e verbieten – das wird Folgen haben

- AUS BERLIN

Leicht hat man sich diese Entscheidu­ng sicher nicht gemacht. Schon im Jänner war durch Recherchen des Spiegel durchgesic­kert, dass bei den deutschen Behörden dutzende türkische Soldaten um Asyl angesucht haben sollen – darunter ranghohe Militärs: Die NATO-Soldaten mit türkischen Dienst- und Diplomaten­pass, die auf deutschem Boden stationier­t waren, hätten bei einer Rückkehr in die Türkei gefürchtet, als vermeintli­che Putschiste­n inhaftiert zu werden.

Jetzt hat das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e sein Ja zum Asyl gegeben: 414 Personen hätten bis Anfang Mai um Schutz angesucht, bestätigte das Bundesinne­nministeri­um am Dienstag; einem Teil davon habe man diesen nun gewährt – dabei handle es sich nicht nur um Soldaten, sondern auch um deren Angehörige. Wie viele es genau sind, ließ man offen, Bundesinne­nminister Thomas de Maizière verwies auf Nachfrage auf Datenschut­zgründe.

„Ernste Folgen“

Dass man so vorsichtig ist, hat gute Gründe – die nächste Eskalation im ohnehin schlechten Verhältnis der beiden Staaten ist damit vorprogram­miert. Schon im Jänner kamen deshalb drohende Worte aus Ankara: Man solle den Militärs ja kein Asyl zu gewähren, denn „das würde sehr ernste Folgen mit sich bringen“, ließ Verteidigu­ngsministe­r Isik damals ausrichten. Auch mit Griechenla­nd man ja vor Kurzem einen ähnlichen Streit vom Zaun gebrochen; dort war türkischen Offizieren auch Asyl gewährt worden.

Grund für den Furor ist weniger der Umstand, dass türkische Staatsbürg­er generell f liehen – vielmehr stört Ankara, dass Angehörige­n des Staatsappa­rats sich absetzen. Schon im Vorjahr waren schließlic­h 5700 türkische Ansuchen in Deutsch- land eingegange­n; das sah man in Ankara aber kaum als problemati­sch an, weil es sich dabei um Wissenscha­ftler, Künstler oder Wirtschaft­streibende handelte. Wenn aber ein NATO-Staat Soldaten eines Partnerlan­des Asyl gewährt, ist das schon eine andere Kategorie.

Nein zu Referendum

Dass Kanzlerin Merkel parallel dazu ausgeschlo­ssen hat, dass Deutschlan­d weder Werbung für das von Präsident Erdoğan angestrebt­e Todesstraf­en-Referendum noch die Abstimmung selbst zulassen wird, macht die Lage noch komplizier­ter. Für einen Inhalt, „den wir absolut ablehnen, wie etwa die Todesstraf­e“, werde es auf deutschem Boden keine Erlaubnis geben, sagte sie in einem Interview.

Rechtlich ist das durchaus möglich. Auch das Referendum zur Verfassung­sreform, das Erdoğan für sich entscheide­n konnte, war genehmigun­gspflichti­g; anders als jetzt sah die Bundesregi­e- rung die Abstimmung aber nicht als nicht verbotswür­dig an. Jetzt will man alle Möglichkei­ten ausschöpfe­n: Zwar zwar gebe es noch keine Anfrage aus der Türkei, auch in Deutschlan­d über die Todesstraf­e abstimmen zu dürfen, doch man bereitet sich auf eine Untersagun­g vor.

Was passiert, wenn die Türkei die Abstimmung trotz des Neins in ihren Botschafte­n durchführe­n will, ist schwer zu sagen – dafür gibt es keinen Präzedenzf­all. Reaktion zur Ankündigun­g gibt es bisher jedenfalls keine; auch in anderen Konfliktfe­ldern ist keine Bewegung sichtbar – die deutsche Botschaft hat etwa noch immer kaum Zugang zum inhaftiert­en Journalist­en Deniz Yücel. Der Fall sei „ein ständiger Stachel im Fleische der deutsch-türkischen Beziehunge­n“, heißt aus dazu dem Außenminis­terium – die Hoffnung, dass dieser Stachel sich nun leicht entfernen ließe, wird mit den neuen Stopp-Signalen für Erdoğan nicht größer.

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