Der „Chongqing-Effekt“: Warum China AT&S rote Zahlen beschert
Leiterplatten-Konzern. Anlaufprobleme im neuen chinesischen Werk und enormer Preisdruck sind nicht die einzigen Sorgen.
Was kommt nach dem Smartphone? Welche Chip-Technologie wird sich wie rasch durchsetzen? Welche Zulieferer wird es durch Digitalisierung und 3-D-Druck überhaupt noch brauchen? Es sind grundsätzliche Fragen wie diese, die den heimischen Leiterplattenhersteller AT&S derzeit Kopfzerbrechen bereiten. Der Markt verändert sich entweder rasend schnell, oder nicht so rasch wie geplant, die Produktion kann da nicht immer mithalten.
Im Vorjahr ging AT&S durch so eine „Phase der Transformation“, wie es Vorstandschef Andreas Gerstenmayer nennt. Das neue Werk im chinesischen Chongqing kämpfte mit unerwarteten Anlaufschwierigkeiten, weder die angestrebten Volumina noch die Effizienz konnten bisher erreicht werden. Laut Gerstenmayer würden die Industrie-Kunden für die dort hergestellten IC-Substrate
an dieser Technologie noch länger festhalten als gedacht, was für enormen Preisdruck sorgt. Außerdem sei die Nachfrage nach Desktop-PCs und Notebooks weltweit gesunken.
Um bessere Margen zu erzielen, rüstet sich AT&S daher schon für die nächste Technologiegeneration, substrat-ähnliche High-End-Lei- terplatten. Diese kommen etwa im Bereich „Internet der Dinge“oder in elektronischen Lifestyle-Produkten wie Fitness-Trackern zum Einsatz.
Für diese Technologie wurde das zweite chinesische Werk in Schanghai umgerüstet, was eine geringere Produktion zur Folge hatte. Die Serienproduktion soll ab Mitte 2017 anlaufen.
Der „Chongqing-Effekt“und der Umbau in Schanghai bescherten AT&S im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/’17 einen Jahresverlust von 22,9 Millionen Euro – der erste Verlust seit 2009. Für Gerstenmayer ist der Verlust „keine große Überraschung“, im Transformationsprozess könnte immer wieder unerwartete Stolpersteine auftauchen. Das Kerngeschäft sei profitabel. Der Jahresumsatz konnte entgegen den leicht rückläufigen Markttrend um 6,8 Prozent auf 814,9 Millionen Euro gesteigert werden, wobei es vor allem im Automobil- und Medizintechnik-Bereich besonders gut lief.
Asien-lastig
82 Prozent der Produktion von AT&S entfällt inzwischen auf Asien, wo auch der Großteil der Investitionen landet. Das Stammwerk in Leoben konzentriert sich auf SpezialKomponenten, 2008 stillgelegte Flächen werden mittlerweile aber wieder für das operative Geschäft genutzt. In Österreich beschäftigt AT&S 1300 Mitarbeiter, weltweit sind es 9500. Ob es trotz der Verluste heuer eine Dividende für die Aktionäre geben wird, ließ Gerstenmayer noch offen. Die Chefs der Aufsichtsräte der größten börsennotierten Unternehmen Österreichs haben 2016 deutlich besser verdient. Das geht aus einer Erhebung der Unternehmensberatung hkp-Group hervor. In einer vergleichbaren Gruppe aus Unternehmen aus dem SDAX (deutscher Index für kleine Konzerne) und MDAX (Index für mittelgroße) werden für den Job knapp 150.000 Euro bezahlt, also das Doppelte von Österreich.
Bei Schoeller Bleckmann gab es nur 9000 Euro, bei DO&CO 35.000 Euro und bei Post und OMV waren es je rund 46.000 Euro. Viel zu wenig, sagt Michael Kramarsch, Partner der hkp-Group. Denn inzwischen sei der Vorsitz des Aufsichtsrates ein professioneller Job mit rund eineinhalb Arbeitstagen pro Woche.