Warum es mehr Abschiebungen gibt
Plus 77 Prozent. Weniger Menschen kehren freiwillig zurück / Bisher 200 Anträge für Sobotkas Prämie
Die Zahl der Abschiebungen ist stets ein innenpolitisch heiß umkämpftes Thema. Als „Europameister der Abschiebungen“sieht Innenminister Wolfgang Sobotka sich und Österreich. Er „wird daher alles tun, um diesen Weg weiter zu forcieren“, wie er am Dienstag gegenüber dem KURIER betonte. Und heuer wird es tatsächlich einen neuen Rekord bei den „zwangsweisen Außerlandesbringungen“, wie es im Juristendeutsch lapidar heißt, geben.
2291 Menschen wurden im ersten Jahresdrittel bereits abgeschoben, das ist ein Plus von 77 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bis Jahresende wird jedenfalls ein neuer Rekord erwartet, im Innenministerium rechnet man mit „mindestens 7000“Abschiebungen.
Mehr Asylanträge
Den bisherigen Höchstwert gab es im Vorjahr mit knapp 4900 solcher „Außerlandesbringungen“. Die verschärfte Praxis dürfte dabei allerdings eine untergeordnete Rolle spielen. Sie ist nur eine von vielen Ursachen, Hauptgrund ist aber jener: In den Jahren 2015 und 2016 wurden einfach so viele Asylanträge wie in den gesamten sieben Jahren zuvor zusammen gestellt. Diese Verfahren wurden nun beendet und die Betroffenen außer Landes gebracht. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Zahl noch weiter steigen könnte.
Die Hauptherkunftsländer der Abgeschobenen sind Nigeria, Afghanistan und Pakistan. Bei Nigeria sind es auch zunehmend Frauen, wie Polizisten in vertraulichen Gesprächen mittlerweile Alarm schlagen. Denn es gibt eine Gesetzeslücke: Asylwerber dürfen während ihres Verfahrens zwar nicht arbeiten, aber ein freies Gewerbe anmelden.
Prostitution
Deshalb dürfen sie auch als Prostituierte arbeiten und erhalten so völlig legal einen Deckel
Das trifft vor allem auf Nigerianerinnen zu. Sie werden in Österreich zunehmend bei Kontrollen entdeckt. Polizisten sprechen hinter vorgehalte- ner Hand von „staatlich geförderter Prostitution“. Am Ende erhalten meist nur zwei bis drei Prozent der Menschen aus Nigeria Asyl.
Bei den Afghanen ist die Lage ganz anders. Viele von ihnen haben die vergangenen Jahre im Iran verbracht und sind nun in Europa gelandet. Unklar ist, ob sie vom Iran vertrieben wurden oder ob sie sich dort etwas zuschulden kommen haben lassen. Die EU hat aber mittlerweile entschieden, einige Provinzen Afghanistans als sicher anzusehen. Aus Österreich werden vereinzelt Gruppen zu zehn bis 15 Personen überstellt, heißt es von einem Insider. Das sei zumindest ein Anfang.
Bereits am dritten Platz der Rückführung sind Pakistaner. Diese kommen zunehmend über die Mittelmeerroute. Während am Balkan zwar vereinzelt wieder geschlossene Lkw-Transporte (wie beim Kühl-Lkw in Parndorf) unterwegs sind, ist vor allem die Mittelmeerroute für Asiaten immer beliebter. Im Innenministerium rechnet man heuer erstmals mit mehr als 300.000 Menschen, die über Italien nach Europa kommen wollen.
1000 Euro
Die neue Bilanz zeigt aber auch eines: Die hier ankommenden Migranten verlassen trotz abgelehnten Asylbescheids immer seltener frei- willig das Land. Manche führen das darauf zurück, dass nach der Migrationswelle nur mehr die „Hartnäckigsten“übrig sind. Abzuwarten bleibt, ob die von Sobotka angekündigten Ruckkehrprämien von bis zu 1000 Euro hier eine Abhilfe schaffen können. Seit dem Start Anfang April gab es bisher 200 Anträge.
Im Innenministerium setzt man aber auch auf den langfristigen Effekt: Wenn mehr Migranten zwangsweise außer Landes gebracht werden, sollte auch eine Zunahme bei den freiwilligen Ausreisen folgen. Ob das funktioniert, wird sich zeigen. Doch Härte zu zeigen, ist momentan politisch gesehen der erfolgreichste Weg.